Am 22. Dezember feiern wir den 150. Geburtstag von Franz Schmidt, einem der letzten großen Romantiker. Sein Schaffen, geprägt von tiefem Glauben und emotionaler Intensität, gipfelt in seinem monumentalen Oratorium Das Buch mit den sieben Siegeln. Dieses Werk, inspiriert von der Offenbarung des Johannes, wurde 1938 in Wien uraufgeführt und gilt heute als zeitloses Meisterwerk. Ebenso berühren seine vier Symphonien, allen voran die 4. Symphonie in C-Dur, ein ergreifendes musikalisches Vermächtnis, das er seiner verstorbenen Tochter widmete.
Obwohl im selben Jahr wie Arnold Schönberg geboren, war Schmidt ein "Meister nach Brahms und Bruckner" (Carl Nemeth) - besonders ersterem fühlte er sich stilistisch hingezogen - und schlug nicht den Weg in Richtung Atonalität und Zwölftonmusik ein. Schmidt blieb zeitlebens auf den Pfaden des späten 19. Jahrhunderts. Franz Schmidt beeinflusste das österreichische, bzw. Wiener Musikleben in verschiedensten Berufssphären: 1896–1911 war er Mitglied der Wiener Philharmoniker, bis 1913/14 auch im Verband des Hofopernorchesters (als Cellist) engagiert. Als Pädagoge für Klavier, Violoncello, Kontrapunkt und Komposition bildete er an der gegenwärtigen Universität für Musik und darstellende Kunst zahlreiche später bedeutende Musiker, Dirigenten und Komponisten aus.
1925–27 war er Direktor, 1927–31 Rektor der traditionsreichen Ausbildungsstätte. Zu seinen bekanntesten Schülern zählte Alfred Rosé (Sohn des legendären Quartett-Primus, Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Schwager Gustav Mahlers, Arnold Rosé). Von den Komponisten sind Theodor Berger, Marcel Rubin und Alfred Uhl zu nennen.
Das Oratorium Das Buch mit sieben Siegeln ist sein letztes vollendetes Werk und das am meisten gespielte. Der Untertitel heißt: Aus der Offenbarung des Johannes, und der Evangelist (gesungen von einem Heldentenor) spielt die Hauptrolle im fast zweistündigen Werk, das für vier weitere Solisten, großen Chor, Orgel und Orchester besetzt ist. In seinem Vorwort bezeichnet der Komponist sein Werk als ein Oratorium über die „fundamentale Antithese” von Gut und Böse. Musikalisch werden sie als Wohlklang und Dissonanz gegenüber gestellt.