Luciano Berio
Alternatim
Kurz-Instrumentierung: 4 1 5 1 - 1 2 1 1 - Ssax, Asax, Str
Dauer: 30'
Widmung: Dedicato a Renzo Piano per il suo sessantesimo compleanno
Solisten:
Klarinette in B, Viola
Instrumentierungsdetails:
1. Flöte
2. Flöte
3. Flöte
4. Flöte (+Picc)
Oboe
kleine Klarinette in Es
1. Klarinette in B
2. Klarinette in B
3. Klarinette in B
Bassklarinette in B
Sopransaxophon in B
Altsaxophon in Es
Fagott
Horn in F
1. Trompete in C
2. Trompete in C
Posaune
Basstuba
Violine I(8)
Violine II(8)
Viola(6)
Violoncello(6)
Kontrabass(4)
Berio - Alternatim für Klarinette, Viola und Orchester
Musterseiten
Hörbeispiel
Werkeinführung
Berio zaubert aus diesem Ensemble eine innovative Klangfülle hervor. Die einzelnen Holzblasinstrumente werden abwechselnd aufgefordert, "Multiphonklänge", sozusagen geisterhafte Akkorde zu erzeugen, die durch besondere Griffe und vorsichtige Kontrolle des Atemdrucks aus diesen Melodieinstrumenten hervorgelockt werden. Die fünf Soloinstrumente (2 Violinen, Viola, Cello und Kontrabaß) weichen von der üblichen Stimmung ab (Scordatura), wodurch neue Arpeggios und Harmonien entstehen. Darüber hinaus erzeugen die Streicher zeitweilig durch einen ultralangsamen Bogeneffekt ein unverkennbares Knirschgeräusch.
Das Stück wird von Klarinette und Viola ohne Begleitung eröffnet. Nach und nach gesellen sich Bratschen und Klarinetten aus dem Orchester zu ihnen. Bald setzen die Scordatura- Solisten aus dem Orchester gegen die Ausbrüche der Nicht-Scordatura-Solostreicher und gegen die Kurzeinsätze der Holzbläser ein. Der Hauptteil von Alternatim wird durch Tutti-Verzierungen eingeleitet. In der zweiten Hälfte kommen Figuren von wiederholten Noten, die häufig krampfartig im Pianissimo gemurmelt werden, in der Gesamtstruktur Alternation eine immer größere Bedeutung zu. Die Scordatura-Solisten treten vor der abschließenden Episode nochmals in den Vordergrund. In dieser verschwimmt und verschwindet die Orchestergestalt langsam hinter Klarinetten- und Violafragmenten, die sich zu einem finalen Stillstand hin entwickeln. Berio kommentiert sein Stück folgendermaßen:
"Der Begriff "alternatim" erinnert an eine antiphonale, mittelalterliche, auch im fünfzehnten Jahrhundert entfaltete Technik, bei der zwischen gregorianischem Gesang und Polyphonie oder zwischen Gesang und Orgel abgewechselt wird. In diesem "Doppelkonzert" für Klarinette, Bratsche und Orchester wird dieser Begriff allerdings metaphorisch verwendet. Der musikalische Diskurs besteht hauptsächlich aus verschlungenen Linien, deren Konturen sich ununterbrochen verändern. Alle musikalischen Funktionen werden durch die Solisten erzeugt. Sie kommunizieren über mehr oder weniger ähnliche Figuren mit dem Orchester. Diese mehr oder weniger thematischen, mehr oder weniger wiedererkennbaren Figuren tauchen "alternativ" auf und klingen in der orchestralen Struktur und Stille ab."