Mauricio Sotelo
Artemis
Dauer: 23'
Instrumentierungsdetails:
1. Violine
2. Violine
Viola
Violoncello
Sotelo - Artemis für Streichquartett
Übersetzung, Abdrucke und mehr
Mauricio Sotelo
Sotelo: Artemis (2.Streichquartett)Instrumentierung: für Streichquartett
Ausgabeart: Partitur
Mauricio Sotelo
Sotelo: Artemis (2.Streichquartett)Instrumentierung: für Streichquartett
Ausgabeart: Stimmensatz
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Hörbeispiel
Werkeinführung
Infolge der Uraufführung meines ersten Streichquartetts Degli Eroici Furori im Auftrag des Internationalen Beethovenfestes Bonn 2002 entsteht eine ganz besondere Verbindung zu dessen außerordentlichen Interpreten, dem Artemis Quartett. Diese 'Komplizenschaft', die sich um die Musik entwickelt, die damals gemeinsam mit meinem Quartett gespielt wurde (Beethoven und Nono), weitet sich mit der Zeit aus auf den Cante Hondo und übersteigt bald das Musikalische im engeren Sinn, wird zu jenem einzigartigen Geschenk namens Freundschaft.
Artemis ist somit das Ergebnis einer gemeinsamen musikalischen Erfahrung, aber auch des Erstaunens und der Dankbarkeit für eine heitere, intensive Freundschaft. Rein musikalisch könnte man vom Versuch sprechen, ein neues Musikinstrument zu schaffen, auf der Grundlage einer alten musikalischen Praxis: dem Flamenco. In diesem Sinne führen die ersten Schritte zu einer Spektralanalyse der Stimmen alter Flamencogesänge, insbesondere in den Formen der Toná und des Martinete (zwei der 'urigsten' und durchdringendesten Formen des Cante Hondo). Darüber hinaus geht es um das Schaffen (Neu-Schaffen, Neu-Interpretieren und Neu-Erfinden) von Linien mit der dramatischen Qualität jener Gesänge – mit einer unendlichen Palette von Kleinstklangqualitäten –, deren Wesensspektrum (Struktur harmonischer Obertöne) außerdem durch das Herausarbeiten von Licht- und Schattenspielen arrangiert oder gestaltet ist, die nichts anderes sind als 'fraktale' Reflexe des Selbstbildes. Ein Streichquartett, das zur imaginären Flamencostimme wird, aber auch zum virtuellen Schlaginstrument (ohne dass der Instrumentenkörper selbst je geschlagen oder geklopft wird), mit direkten Bezügen auf den Klang der indischen Tabla.
Der Formenraum entsteht, gleich einem poetischen Ausflug, als Weg vom 'Hauch', vom Formlosen – dem noch nicht Geschaffenen, mit Anklängen an das Meer – dem Surren der Luft, dem 'Atem' der Wellen ("Meer: unendlicher Himmel, vom Himmel gefallen", um mit Alberti zu sprechen), hin zu einer gewaltigen Stimme oder Sirenengesang ('Canto de gemido'), zu einem Schrei oder Wehklagen ('Quejío'), der sich später zum schnellen steinernen Rhythmus ('un rêve de pierre') wandelt, und dann neuerlich zum Nachhall der klangvollen Stimme von zuvor, zum Impuls, zum Säuseln, zur Stille, zur Offenheit hin zum Möglichen.
Eine zweite Version dieses Werks beinhaltet die Stimme eines Cantaor und trägt den Titel Audéeis, Vokalversion.
Mauricio Sotelo, Madrid, 31. August 2004