Alexander Blechinger
Das Tiefe Lied / The Deep Song
Duration: 20'
Solos:
bass
Das Tiefe Lied / The Deep Song
Sample pages
Audio preview
Video
Work introduction
Das Tiefe Lied / The Deep Song, op 23, is a song cycle based on eleven poems by Georg Trakl for low voice. This version is in C for bass or bass-baritone. The special order of the songs, which merge into one another, creates a little story. I Begegnung, II Vollendung, III Wunderlicher Frühling, IV Schweigen, V Einer Vorübergehenden, VI An Mauern hin, VII Beim jungen Wein, VIII An die Nacht, IX Ballade, X Gesang zur Nacht, XI Das Tiefe Lied. Total duration approx. 20 minutes. The songs can also be performed individually.
TEXTE
Georg Trakl
(3.02.1887 – 3.11.1914)
Begegnung
Am Weg der Fremde - wir sehn uns an
Und unsre müden Augen fragen:
Was hast du mit deinem Leben getan?
Sei still! sei still! Laß alle Klagen!
Es wird schon kühler um uns her,
Die Wolken zerfließen in den Weiten.
Mich deucht, wir fragen nicht lange mehr,
Und niemand wird uns zur Nacht geleiten.
Vollendung
Mein Bruder, laß uns stiller gehn!
Die Straßen dunkeln sachte ein.
Von ferne schimmern wohl Fahnen und wenn,
Doch Bruder, laß uns einsam sein -
Und uns zum Himmel schauend ruhn,
Im Herzen sanft und ganz bereit,
Und selbstvergessen einstigem Tun.
Mein Bruder, sieh, die Welt ist weit!
Da draußen spielt mit Wolken der Wind,
Die kommen wie wir, von. irgendwo.
Laß sein uns, wie die Blumen sind,
So arm, mein Bruder, so schön und froh!
Wunderlicher Frühling
Wohl um die tiefe Mittagszeit,
Lag ich auf einem alten Stein,
Vor mir in wunderlichem Kleid
Standen drei Engel im Sonnenschein.
O ahnungsvolles Frühlingsjahr!
Im Acker schmolz der letzte Schnee,
Und zitternd hing der Birke Haar
In den kalten, klaren See.
Vom Himmel wehte ein blaues Band,
Und schön floß eine Wolke herein,
Der lag ich träumend zugewandt -
Die Engel knieten im Sonnenschein.
Laut sang ein Vogel Wundermär,
Und könnt mit einmal ihn verstehn:
Eh' noch gestillt dein erst' Begehr,
Mußt sterben gehn, mußt sterben gehn.
Schweigen
Über den Wäldern schimmert bleich
Der Mond, der uns träumen macht,
Die Weide am dunklen Teich
Weint lautlos in die Nacht.
Ein Herz erlischt - und sacht
Die Nebel fluten und steigen -
Schweigen, Schweigen!
Einer Vorübergehenden
Ich hab' einst im Vorübergehn
Ein schmerzenreiches Antlitz gesehn,
Das schien mir tief und heimlich verwandt,
So gottgesandt -
Und ging vorüber und entschwand.
Ich hab' einst im Vorübergehn
Ein schmerzenreiches Antlitz gesehn,
Das hat mich gebannt,
Als hätte ich eine wiedererkannt,
Die träumend ich einst Geliebte genannt
In einem Dasein, das längst entschwand.
An Mauern hin
Es geht ein alter Weg entlang
An wilden Gärten und einsamen Mauern.
Tausendjährige Eiben schauern
Im steigenden fallenden Windgesang.
Die Falter tanzen, als stürben sie bald,
Mein Blick trinkt weinend die Schatten und Lichter.
Ferne schweben Frauengesichter
Geisterhaft ins Blau gemalt.
Ein Lächeln zittert im Sonnenschein,
Indes ich langsam weiterschreite;
Unendliche Liebe gibt das Geleite.
Leise ergrünt das harte Gestein.
Beim jungen Wein
Sonne purpurn untergeht,
Schwalbe ist schon fern gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
Schmerz, darin die Welt vergeht.
Bleib der Augenblick gewogen,
Da im Abend hölzner Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
Flackerstern ans Fenster weht,
Kommt die schwarze Nacht gezogen,
Wenn im Schatten dunkler Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
An die Nacht
Nachtergebung
Nymphe zieh mich in dein Dunkel;
Aster friert und schwankt am Zaun,
Schwermut blüht im Schoß der Fraun,
Blutend Kreuz im Sterngefunkel.
Purpurn brachen Mund und Lüge
In verfallner Kammer kühl;
Scheint noch Lachen, golden Spiel;
Einer Glocke letzte Züge.
Blaue Wolke! Schwärzlich fallen
Faule Früchte dumpf vom Baum
Und zum Grabe wird der Raum
Und zum Traum trüb' Erdenwallen.
Ballade I
Ein Narre sc+hrieb drei Zeichen in Sand,
Eine bleiche Magd da vor ihm stand.
Laut sang, o sang das Meer.
Sie hielt einen Becher in der Hand,
Der schimmerte bis auf zum Rand,
Wie Blut so rot und schwer.
Kein Wort ward gesprochen - die Sonne schwand,
Da nahm der Narre aus ihrer Hand
Den Becher und trank ihn leer.
Da löschte sein Licht in ihrer Hand,
Der Wind verwehte drei Zeichen im Sand -
Laut sang, o sang das Meer.
Gesang zur Nacht
Vom Schatten eines Hauchs geboren
Wir wandeln in Verlassenheit
Und sind im Ewigen verloren,
Gleich Opfern unwissend, wozu sie geweiht.
Gleich Bettlern ist uns nichts zu eigen,
Uns Toren am verschloßnen Tor.
Wie Blinde lauschen wir ins Schweigen,
In dem sich unser Flüstern verlor.
Wir sind die Wandrer ohne Ziele,
Die Wolken, die der Wind verweht,
Die Blumen, zitternd in Todeskühle,
Die warten, bis man sie niedermäht…
Das tiefe Lied
Aus tiefer Nacht ward ich befreit.
Meine Seele staunt in Unsterblichkeit,
Meine Seele lauscht über Raum und Zeit
Der Melodie der Ewigkeit!
Nicht Tag und Lust, nicht Nacht und Leid
Ist Melodie der Ewigkeit,
Und seit ich erlauscht die Ewigkeit,
Fühl nimmermehr ich Lust und Leid!
***
In the audio and video recording, Apostol Milenkov sings accompanied by Ruzha Semova.