*2. September 1957
Julian Yu, geboren in Peking am 2. September 1957, überraschte im Alter von zwölf Jahren seine nicht musikalische Familie mit seiner ersten Komposition. Er setzte seine Kompositionsstudien am Musikkonservatorium von Peking fort, wo er später selbst unterrichtete. Von 1980 bis 1982 studierte er bei Joji Yuasa an der Musikhochschule von Tokyo. 1985 ließ er sich in Australien nieder. 1988 war er als Stipendiat in Tanglewood, USA, wo er bei Hans Werner Henze und Oliver Knussen Unterricht erhielt.
Seit 1987 erhielt Julian Yu für seine Werke mehr als zwanzig Kompositionspreise, darunter den Koussevitzky Tanglewood Preis sowie Wettbewerbspreise in Japan, Italien, Frankreich, den USA und seiner Wahlheimat Australien. 1991 gewann er den neu gestifteten Paul Lowin Preis für seine Orchesterkomposition Hsiang-Wen (Filigrane Wolken) und 1994 den gleichen Preis für Three Symphonic Poems. Dieser Preis ist die höchste Auszeichnung für einen australischen Komponisten.
Im Oktober 1995 wurde beim South Bank Festival in London sein Werk Philopentatonia von der London Sinfonietta uraufgeführt und im März 1996 vom Ensemble InterContemporain in Frankreich erstaufgeführt. Oliver Knussen, der die amerikanische Erstaufführung von Wu-Yu leitete, dirigierte auch die britische Erstaufführung von Great Ornamented Fuga Canonica. In Großbritannien wurde Wu-Yu im Januar 1996 vom BBC Welsh Orchestra unter George Benjamin erstaufgeführt. Yus jüngstes Werk für die Australische Rundfunkgesellschaft ABC, Sinfonia Passacaglissima, erlebte seine Uraufführung im September 1995 mit dem Tasmanian Symphony Orchestra.
Julian Yus Werke wurden bei vielen internationalen Festspielen zeitgenössischer Musik vorgestellt, wie bei der Münchener Biennale, den Weltmusiktagen der IGNM und beim Huddersfield Festival. Solange er in China lebte, schrieb er Musik für die verschiedensten Anlässe: Fernsehen, Rundfunk, Film, Tanztheater und Bühnenstücke.
Julian Yu läßt sich lieber als „Komponist” denn als „chinesischer Komponist” bezeichnen, er stellt die ethnischen Wurzeln seiner Musik nicht gerne zur Schau.
Seit er nach Australien ausgewandert ist, hat er die westliche Musik von Grund auf studiert, während er parallel dazu untersucht hat, wie er „das Erbe der chinesischen Musiktradition in verschiedener Weise weiterführen kann”. Statt die Klänge und Modelle der chinesischen Musik rein äußerlich zu verwenden, hat er ihre inneren Strukturen erforscht. Zwei auffallende Merkmale von Yus Kompositionsweise sind Improvisation, meist basierend auf einer früheren Komposition, und Ornamentik, die Ausarbeitung von bestehendem Material, wie die Musik von Johann Sebastian Bach. Ornamentik ist ein wichtiges Element der chinesischen Volkstradition.
Nachdem er China verlassen hatte, zeigte Yus Musik einige Jahre lang kaum einen erkennbaren asiatischen Einfluß. Erst in den letzten Jahren hat er von der chinesischen Tradition genügend Abstand gewonnen, um die pentatonische Tonleiter wieder mit Freuden anzuwenden (in Philopentatonia und Pentatonicophilia). Yus Musik ist oft zart und kompliziert, kann aber auch kraftvoll und rhythmisch sein (z.B. Hsiang-Chi). Seine Musik stellt eine einmalige Verschmelzung zwischen asiatischer und westlicher Kultur dar und läßt sich, ähnlich wie die Kompositionen von Messiaen und Takemitsu, nicht in nationale oder ethnische Grenzen zwängen. „Wenn ein Komponist tapfer ist und sich nicht in bekannte Klänge und Stile einschränken läßt, ist seine Komposition in der Lage, neue und schöne Klangwelten zu enthüllen.”