Oscar Strasnoy
*12. November 1970
Werke von Oscar Strasnoy
Biographie
Geboren in Buenos Aires, 1970, Strasnoy studierte Komposition, Klavier und Dirigieren mit u.a. Gérard Grisey am Conservatoire de Paris und Hans Zender in der Hochschule f. Musik Frankfurt. Seine Werke wurden in den Opern Rom, Spoleto, Staatsoper Hamburg, Staatsoper Berlin, Oper Zürich, Festival d’Aix-en-Provence, Pariser Opéra Comique, Bordeaux, Reims, Rennes, Straßburg, Berliner Philharmonie, Hamburg Elbphilharmonie, Mozarteum Salzburg, Buenos Aires Teatro Colón, u.a. aufgeführt. Im Jahr 2012 organisierte Radio France eine Retrospektive seiner Werke in vierzehn Konzerten im Théâtre du Châtelet.
Er arbeitet regelmäßig, als Pianist, Dirigent oder Komponist mit Solisten wie Ann Murray, Christoph Prégardien, Isabelle Faust, Alexandre Tharaud, Ingrid Caven, Garth Knox oder Pablo Márquez zusammen, mit Autoren wie Alberto Manguel, Christoph Hein, Hans Magnus Enzensberger, Jean-Jacques Schuhl, Matthew Jocelyn oder Alejandro Tantanian. Er dirigierte das Orchestre Philh. de Radio France, Orch. National d'Ile-de-France, Orch. der Bordeaux-Oper, das Ensemble Resonanz, Akademie für Alte Musik Berlin u.a.
Über die Musik
Zwei Worte im Allgemeinen
Negativ
Nie hat mich die Erfindung einer neuen Sprache (oder einer Tabula rasa) interessiert. Nie hat es mich interessiert, mit einer hypothetischen Tradition zu brechen, weil ich nicht aus einem Umfeld komme, das an eine bestimmte Musiktradition gebunden wäre. Ich hatte keine autoritären Lehrer, die in mir einen Vatermord-Komplex entstehen ließen. Grisey, wie Zender und alle anderen, waren bescheidene Leute, offen, tolerant und antidogmatisch. Es gab nichts Bedeutendes zu verneinen oder zu beseitigen.
Positiv
Ich glaube an die (Proustsche?) — beschwörende Macht der Musik, die in der Erinnerung ebenso lebendige Bilder erweckt, wie das Wort, der Geruch oder die Berührung das tun. Ich stütze mich dabei auf vorgefertigte, vorverdaute Elemente mit einer stark wiedererkennbaren Komponente. Ich benutze dabei ganz bewusst den Begriff der Figur als kleinste mit affektiver Bedeutung geladene Einheit. Diese gefertigten, angepassten und wiedererkennbaren Neumen sind Bausteine, aus denen eine Form gebildet werden kann.
Es stört mich nicht, dass meine Musik als figurativ angesehen wird. Man sagt von einem Bild, es sei figurativ, wenn eine Figur ohne Weiteres eine andere Figur repräsentiert und diese sublimiert. Ich glaube, dass mich — aus Unvermögen und Trägheit — die (seit der Herrschaft von Boulez und Stockhausen obligatorische) europäische Abstraktion immer gelangweilt hat. Ich gehe von dem Prinzip aus, dass die geheime Erinnerung unabhängig von der Art des Auslösers immer ein Bild erzeugt, und gründe meine Kunst auf die Verwaltung dieser bereits vorhandenen Bilder. Und vom Bildsymbol zum Theatralen ist es nur ein kleiner Schritt. Meine Kunst ist eine Kunst der Konvention. Ich manipuliere Dinge, die schon vor mir existiert haben und nach mir weiter existieren werden,
solange die Welt unabdingbar zurückblickt. Und in einer Kunst der Manipulation von musikalischen Archetypen ist der Künstler nichts weiter als ein Neugestalter.
Oscar Strasnoy
in MusikTexte, Zeitschrift für neue Musik, Februar 2013