Luke Bedford
*25. April 1978
Werke von Luke Bedford
Biographie
Luke Bedford, geboren 1978, studierte Komposition am Royal College of Music bei Edwin Roxburgh und Simon Bainbridge. Sein Oeuvre reicht von kammermusikalischen Besetzungen (z. B. das Streichquartett Of The Air), über Werke für Ensemble – teilweise mit Stimme (Good Dream She Has und Or Voit Tout En Aventure) – bis zu Orchester (Outblaze the Sky, Wreathe) und Oper.
2007 wurde Bedford mit den Paul Hamlyn Artists’ Award ausgezeichnet, 2008 mit dem British Composer Award für Wreathe. Im Mai 2010 wurde At Three and Two vom Hallé Orchestra erstmals präsentiert. Die Uraufführung von Bedfords erster Oper Seven Angels, die sich auf Miltons Paradise Lost stützt, fand 2011 statt. Bedford war Composer in Residence bei der Wigmore Hall in London, was ihm einige Kompositionsaufträge einbrachte: u. a. das Streichquartett Nine Little Boxes, All Carefully Packed (2011).
Im Februar 2012 interpretierte das Scottish Ensemble zum ersten Mal sein Wonderful Two-Headed Nightingale in Inverness. Im selben Jahr wurde ihm der Ernst von Siemens Komponisten-Förderpreis überreicht und die Uraufführungen von Wonderful No-Headed Nightingale und Three Intermezzi fanden statt. Am 28. Oktober 2013 wurde Wonderful Four-Headed Nightingale für Streichquartett vom Arditti String Quartet bei Wien Modern uraufgeführt.
2014 wurde seine hochgelobte Oper Through His Teeth (Libretto: David Harrower) am Royal Opera House uraufgeführt.
Im August 2015 wurde Instability für großes Orchester bei den BBC Proms uraufgeführt, im Juni 2016 kam es zur Uraufführung von In Black Bright Ink für Bassklarinette, Violine, Violoncello und Klavier durch die BCMG. Bedfords Saxophonkonzert für das Arcis Quartett und das Deutsche Symphonie Orchester Berlin wurde zudem 2017 in der Berliner Philharmonie uraufgeführt. Luke Bedfords Werk In the Voices of the Living (2019) fand 2021 mit der London Sinfonietta Mark Padmore sein Debüt auf der Bühne. Sein Staggered Nocturne (2020) wurde für Colin Currie und die Philharmonia geschrieben. Ende 2023 wurde eine Aufnahme des BBC Philharmonic Orchestra von "In the Voices of the Living" veröffentlicht. Zusätzlich zu seinen zahlreichen Auszeichnungen, erhielt Bedford 2023 eine Nominierung für den Ivor Novello Award bei den Ivors Classical Awards 2023 für Staggard Nocturne, für 14 Spieler und Schlagzeugsolist.
Luke Bedford, geboren 1978, studierte im Rahmen eines "Foundation"-Stipendiums Komposition am Royal College of Music bei Edwin Roxburgh und Simon Bainbridge. Anschließend erhielt er ein Stipendium, um an der Royal Academy of Music den "Magister Artium"-Abschluss zu erlangen, ebenfalls bei Simon Bainbridge.
2001 wurde sein Kammerwerk Five Abstracts für 14 Spieler von der London Sinfonietta uraufgeführt. Die Royal Philharmonic Society gab den Auftrag für das Werk, nachdem Bedford den Royal Philharmonic Society-Kompositionspreis 2000 gewann (in der Kategorie der unter 29-jährigen). Das Werk kam hervorragend an, und Kritiker erkannten bereits das Potential seines Stils – "Die vielleicht stärkste Verheißung kommt von Luke Bedford, mit seinem kräftigen und bitteren Five Abstracts". Das Werk ist auf einer Aufnahme des Labels NMC enthalten und erlebte seine amerikanische Erstaufführung im April 2006 mit dem Chicago Symphony Orchestra unter der Leitung von Oliver Knussen.
Der nächste Auftrag kam von der BBC – Rode with Darkness – ein Werk für großes Orchester, das vom Hallé Orchestra unter Mark Elder in der Bridgewater Hall, Manchester, im Januar 2004 uraufgeführt wurde. Der Titel des Werkes ist Miltons Paradise Lost entnommen, in dem Satan, vom Engel Gabriel aus dem Paradies verbannt, von der Zerstörung des Menschen besessen ist und sich entschließt (unbeachtet von Uriel), in das Paradies einzudringen. Rode with Darkness basiert auf vier zwölf-tönigen Akkorden, die als harmonisches Skelett wirken und im Hintergrund immer vorhanden sind. Das Werk steigert sich bis zum Abschluss in immer intensivere Höhepunkte, signalisiert durch die Modulation von einem Skelett-Akkord zum nächsten. Die deutsche Erstaufführung fand im Januar 2005 mit dem Deutschen Symphonie-Orchester unter George Benjamin statt.
Nach dem Erfolg von Rode with Darkness wurden zwei Kammerensemble-Werke Bedfords der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Februar 2006 spielte das Philharmonia Orchestra in ihrer Reihe "Music of Today" Slow Music und Man Shoots Strangers From Skyscraper, beide für 8 Spieler. Slow Music ist ein Auftragswerk dieser Reihe und wurde als Begleitstück zu Man Shoots Strangers From Skyscraper geschrieben, auch als komplettes Gegenstück bezüglich des Stils: im Letzteren führt die Musik in viele unerwartete Richtungen, während in Slow Music nur ein Prozess durch das gesamte Werk leitet.
Im Jahr 2006 wurde der Lied-Zyklus Or Voit Tout En Aventure von der London Sinfonietta mit Claire Booth (Sopran) unter der Leitung von Oliver Knussen uraufgeführt. Die sechs Sätze des Werks sind Vertonungen von drei in mittelalterlichem französisch und italienisch geschriebenen Texten, die durch die Musik thematisch miteinander verbunden sind. Die Reife der Musik begeisterte die Kritiker, die das Werk bei der Uraufführung als Höhepunkt des Abends beschrieben. Weitere Aufführungen folgten bereits, u. a. von der Birmingham Contemporary Music Group, sowie auf Tournee durch Europa mit dem Ensemble Modern unter Anu Komsi bzw. George Benjamin.
Eine weitere Komposition Bedfords stellt Outblaze the Sky dar. Dieses Werk für Orchester wurde vom London Symphony Orchestra als Teil ihrer "Sound Adventures"-Reihe in Auftrag gegeben, und kam im April 2007 im Londoner Barbican unter Daniel Harding zur Uraufführung. Auch dieser Titel ist von Bedfords Interesse an Literatur beeinflusst – hier ist es eine Verarbeitung einer Phrase aus The White Hotel von D. M. Thomas, Bedfords Lektüre während der Zeit des Komponierens. Er war besonders beeindruckt von dem "traumhaften und höchst emotional aufgeladenen" Gedicht am Anfang des Romans, das auf eine bestimmte Art Parallelen zu der Musik, die er zu der Zeit komponierte, aufweist.
Die Musik Luke Bedfords wurde unter andrem vom Tokyo Philharmonic, dem Brunel Ensemble, dem Gould Piano Trio, dem Endymion Ensemble, dem Continuum Ensemble, von Chroma sowie der Pianistin Sarah Nicolls aufgeführt. Sein Katalog enthält auch kleiner besetzte Werke, wie etwa Catafalque, ein Werk, das sowohl für Solo-Klavier als auch in einer größeren Version für räumlich verteiltes Orchester existiert – oder Chiaroscuro für Klaviertrio.
Zu den Auszeichnungen für seine Arbeit gehören der 2000 Royal Philharmonic Society Prize for Composition, der zweite Preis beim 2001 Toru Takemitsu Wettbewerb in Tokyo, der BBC Radio 3 Listeners" Prize beim 2004 British Composers Awards sowie "Bestes Werk eines Komponisten unter 30 Jahren" beim International Rostrum of Composers Wettbewerb 2005 in Wien (letztere beide für Rode with Darkness).
Bedford verbrachte 2008 als Teilnehmer des Into … Projekts des Ensemble Modern ein Monat in Johannesburg, was ihn zur Komposition von By the Screen in the Sun at the Hill on the Gold führte. Das Werk für 18 Spieler wurde im März 2009 in Berlin uraufgeführt. Im September 2009 folge die Uraufführung von Più Mosso unter Thomas Søndergård und dem CBSO Youth Orchestra.
Im Mai 2010 wurde sein neues Werk At Three and Two im Rahmen der gesamten Mahler-Reihe vom Hallé Orchestra erstmals präsentiert.
Die Premiere von Bedfords erster Oper Seven Angels, die sich auch auf Miltons Paradise Lost stützt, fand am 17. Juni 2011 statt, Nicholas Collon dirigierte die Birmingham Music Group.
Bedford war Composer in Residence bei der Wigmore Hall in London, was ihm einige Kompositionsaufträge einbrachte: u. a. das Streichquartett Nine Little Boxes, All Carefully Packed (2011).
Im Februar 2012 interpretierte das Scottish Ensemble zum ersten Mal sein Wonderful Two-Headed Nightingale in Inverness. Im selben Jahr wurde ihm der Ernst von Siemens Komponisten-Förderpreis überreicht und die Uraufführungen von Wonderful No-Headed Nightingale und Three Intermezzi fanden statt.
Am 28. Oktober 2013 wurde Wonderful Four-Headed Nightingale für Streichquartett vom Arditti String Quartet bei Wien Modern uraufgeführt.
2014 wurde seine hochgelobte Oper Through His Teeth (Libretto: David Harrower) am Royal Opera House uraufgeführt.
Im August 2015 wurde Instability für großes Orchester bei den BBC Proms uraufgeführt, im Juni 2016 kam es zur Uraufführung von In Black Bright Ink für Bassklarinette, Violine, Violoncello und Klavier durch die BCMG. Bedfords Saxophonkonzert für das Arcis Quartett und das Deutsche Symphonie Orchester Berlin wurde zudem 2017 in der Berliner Philharmonie uraufgeführt. Luke Bedfords Werk In the Voices of the Living (2019) fand 2021 mit der London Sinfonietta Mark Padmore sein Debüt auf der Bühne. Sein Staggered Nocturne (2020) wurde für Colin Currie und die Philharmonia geschrieben. Zusätzlich zu seinen zahlreichen Auszeichnungen erhielt Bedford 2023 eine Nominierung für den Ivor Novello Award bei den Ivors Classical Awards 2023 für Staggard Nocturne, für 14 Spieler und Schlagzeugsolist.
Februar 2024
Über die Musik
Luke Bedford erhielt am 22. Juni 2012 den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung. Ein wesentlicher Aspekt dieses Preises ist eine Porträt-CD , die bei col legno erscheinen wird. Bedford, geboren 1978, studierte im Rahmen eines "Foundation"- Stipendiums Komposition am Royal College of Music bei Edwin Roxburgh und Simon Bainbridge. Anschließend erhielt er ein Stipendium, um an der Royal Academy of Music den "Magister Artium"- Abschluss zu erlangen.
Was ist das Werkzeug der Komponisten? Nimmt man die Frage wörtlich, dann sind es nach wie vor Bleistift und Papier, aber selbstverständlich auch der Computer, der heute die Rolle spielt, die im 19. Jahrhundert dem Klavier zukam. Verstünde man sie aber in einem erweiterten, metaphorischen Sinne als Frage nach den individuellen Besonderheiten des musikalischen Denkens und den Verfahren ihrer Umsetzung, dann trüge jeder Komponist seinen eigenen, charakteristisch bestückten Werkzeugkasten mit sich herum.
Fokussierung und Vergrößerung
Bei Luke Bedford fänden sich darin, neben manchem anderen, ein Brennglas und eine Lupe. Sein kompositorischer Zugriff nämlich besteht in der charakteristischen Verbindung von Fokussierung und Vergrößerung, seine Musik kennt einerseits die Konzentration auf das Detail und das ausgeprägte Interesse für die einzelne Geste; auf der anderen Seite gewinnt sie ihre spezifische Klanglichkeit aus der Vergrößerung und Multiplikation dieser Gesten und ihrer Übertragung auf den instrumentalen und vokalen Apparat. Aus dem Sichversenken in die besondere Einzelheit entfalten sich großflächige Texturen und verbinden auf diese Weise gegenläufige Dynamiken miteinander, die die Musik Luke Bedfords in eigentümlicher Weise durchziehen.
In dem Ensemblewerk By the Screen in the Sun at the Hill on the Gold (2008) tritt dies unmittelbar zu Tage: Eine einfache Arpeggiofigur dominiert hier den gesamten musikalischen Aufriss und Fortgang. Aus ihren mannigfaltigen rhythmischen Varianten und deren vielfacher Schichtung entstehen mal gleißende, mal abgetönte Farbflächen, ehe die Figur am Ende ihre ohnehin variable Physiognomie verliert, in Geräusch umschlägt und sich verflüchtigt. Das Stück entstand als musikalischer Reflex auf einen vierwöchigen Aufenthalt in Johannesburg im Rahmen des vom Siemens Arts Program und vom Ensemble Modern veranstalteten "into..."-Projekts. Mit seinem Titel ruft es einen besonderen Ort und die mit ihm verbundenen Eindrücke hervor – ein verlassenes Autokino oberhalb von Johannesburg nämlich, das auf einer fünfzig Meter hohen Abraumhalde liegt. Und so mag sich dann auch eine Parallele einstellen zwischen dem Ausschöpfen des musikalischen Materials bis auf seinen Nullpunkt und den Spuren, die ein rücksichtsloser Bergbau in die Landschaft schlägt.
Aber auch jenseits solcher mehr oder weniger konkreten Assoziationsangebote fasziniert Luke Bedfords kompositorische Arbeit mit einem bewusst reduzierten Materialvorrat: Er erschließt die Potentiale der zu Grunde liegenden Gesten und Motive bis ins Letzte und scheut auch vor ihrer Skelettierung nicht zurück. Überdies kann, was als Material die Grundlage der Komposition bildet, durchaus auch eine Trouvaille aus dem Fundus der Überlieferung sein. So erwächst die orchestrale Emphase des groß besetzten Outblaze the Sky (2006) aus der Potenzierung einer Quasi-Mahlerschen Klanggestalt, deren kalkulierte Unschärfe sich auf mehrere Parameter zugleich erstreckt: Instrumentalfarbe, Harmonik und Zeitgefüge verschmelzen hier zur komplexen Einheit, die elementare Differenz von Horizontale und Vertikale, von Linie und Akkord, verflüchtigt sich unter dem klangfarblich dominierten Ansatz einer Musik von subjektloser Intensität.
Komponierte Prozesse
Was sich in diesem und in anderen Stücken Luke Bedfords ereignet, ist direkt aus dem instrumentalen Apparat heraus erfunden. Er dient dem Komponisten als Laboratorium, in dem er neue Klangmöglichkeiten erprobt, zugleich aber auch als Anregung und Vorlage für die Dramaturgie der komponierten Prozesse. Mindestens ebenso charakteristisch wie die Verbindung von formalen und klanglichen Dimensionen ist allerdings, dass die so gestalteten Prozesse in der Musik Luke Bedfords nicht agonal oder katastrophisch verlaufen. Das Paradigma seines Formdenkens ist nicht die Finalität des Dramas, sondern die prinzipielle Unabgeschlossenheit über sich hinausweisender Entwicklungen. Dem entspricht, dass Stücke wie Chiaroscuro oder auch Outblaze the Sky nicht eigentlich schließen, sondern aufhören. Sie prätendieren keine Totalität, sondern inszenieren ein Klanggeschehen, das auch jenseits ihrer Grenzen weiter zu existieren scheint.
Eine Konsequenz dieses Formdenkens ist das Spiel mit den Möglichkeiten nicht linearer Verläufe. So greift Man Shoots Strangers from Skyscraper (2002) in seiner Struktur (und auch mit seinem Titel) auf Luis Buñuels Film Le fantôme de la liberté zurück, der genau diese Möglichkeiten erkundet. Wie der Film scheinbar ziellos verschiedenen Charakteren folgt, statt sie einem linearen Plot unterzuordnen, sucht die Musik den durch kleinste Auslöser motivierten Richtungswechsel. Die Form erscheint so als ein Raum von Optionen, als nahezu absichtslos durchschrittene Reihe von Tangenten mit variabler Anordnung.
Hinter solch einer Idee formaler Ungebundenheit – wie auch hinter der Vorstellung übergeordneter Prozesse, an denen die Musik eher partizipiert, als dass sie sie beherrscht – steht einerseits die nach wie vor präsente Utopie einer "musique informelle". Andererseits aber finden sich für Luke Bedford Anregungen formaler und dramaturgischer Art eingestandenermaßen auch in Comedy shows und in deren Jonglieren mit mehreren Handlungssträngen. In beiden Fällen geht es dabei um das gleiche Ziel: größtmögliche Gestaltungsfreiheit bei zugleich maximaler Verbindlichkeit des so Gestalteten. Das ist freilich nicht erst ein Bestreben der Musik im 20./21. Jahrhundert, und die Frage, wie solches zu erreichen sei, bestimmt in gewissem Sinne bereits jene hochgradig selbstreflexiven Texte aus dem Spiegelkabinett der ars subtilior des späten 14. Jahrhunderts, die Luke Bedford seinem Liederzyklus Or Voit Tout En Aventure (2005–2006) zu Grunde legt. Ihres ursprünglichen musikalischen Kontextes entkleidet, fungieren sie in Bedfords Komposition als sprachlich fremde und in thematischer Hinsicht doch eigentümlich vertraute Nachrichten aus der Vergangenheit, die in eine Musik von zugleich distanzierter und dringlicher Intensität gefasst werden. Die Adaption spezifischer Techniken der ars subtilior spielt dagegen eine geringere Rolle, auch wenn zum Beispiel das dritte Stück Nos faysoms contre nature durch die Gleichzeitigkeit konkurrierender rhythmischer Unterteilungen ein Denken in Zeitproportionen durchscheinen lässt. Stattdessen überwiegt einmal mehr ein parameterübergreifendes Denken, wenn in den ersten Stücken des Liederzyklus die ausinstrumentierten Töne der Gesangsmelodie sich in der Folge ihres Eintretens zu begleitenden Akkorden summieren und auf diese Weise Klang und Linie sich ineinander verschränken.
Siamesische Zwillinge
Von den klanglichen Kapazitäten aus ist schließlich auch Wonderful Two-Headed Nightingale (2011) konzipiert, ein Doppelkonzert für Violine, Viola und kleines Orchester, das in seiner Besetzung Mozarts Sinfonia Concertante KV 364 folgt, sonst aber durchaus eigene Wege geht. Die beiden Soloinstrumente generieren mit ihren leeren Saiten die Grundlage für die Harmonik des Stücks, die ganz wesentlich auf der Addition von – im weiteren Verlauf auch vierteltönigen – Quintenpaaren beruht. Vor allem aber entwickelt das Stück aus der instrumentalen Disposition eine dramaturgische und gewinnt so dem Konzept des Konzertierens neue Facetten ab. Dem Titel des Werkes folgend und seiner Anspielung auf ein Paar siamesischer Zwillinge, das im England des 19. Jahrhunderts als Gesangsattraktion auftrat, erscheinen die beiden Soloinstrumente streng aneinandergekoppelt und agieren in ihren Stimmverläufen nahezu vollständig parallel. Aus ihren (vergeblichen) Versuchen, voneinander los oder miteinander übereinzukommen, ergibt sich dabei ein veritables und energetisch hochaufgeladenes Stück musikalischen Theaters. Im Rahmen eines Instrumentalwerks treten hier die dramatische und nicht zuletzt auch die komödiantische Seite des Komponisten Luke Bedford hervor. Sie charakterisiert, was auch die übrigen Werke auszeichnet und worin ihre Faszinationskraft und Unmittelbarkeit liegt: die vielfache klangfarbliche Facettierung ihrer Oberflächen und das daraus hervorstrahlende kalte Leuchten.
Markus Böggemann