
David Fennessy
Conquest of the Useless
„[es] hatte sich in mir eine Vision festgekrallt, das Bild von einem großen Dampfschiff über einen Berg – das Schiff unter Dampf sich aus eigener Kraft einen steilen Hang im Dschungel hinaufwindend, und über einer Natur, die die Wehleidigen und die Starken gleichermaßen vernichtet, die Stimme Carusos, die allen Schmerz und alles Schreien der Tiere aus dem Urwald zum Verstummen bringt und den Gesang der Vögel verlöscht.“ (Werner Herzog in Eroberung des Nutzlosen)
Fast die gesamte Musik hat ihre Wurzeln in dieser Textpassage, die aus dem Vorwort zu Eroberung des Nutzlosen, Reflexionen über die Dreharbeiten von Fitzcarraldo des deutschen Regisseurs Werner Herzog stammt. Als ich vor zehn Jahren auf den Seiten eines Kinomagazins auf dieses symbolträchtige Bild stieß, ahnte ich noch nicht, dass es mich auf einen Weg führen würde, auf dem ich mich wie besessen in diese Materie vertiefte. Dieser Weg erreicht heute Abend in der Gesamtaufführung eines Zyklus seinen Höhepunkt, dem ich ebenfalls den Namen Conquest of the Useless [Eroberung des Nutzlosen] gegeben habe.
Der Zyklus ist in drei Teile gegliedert, die nahtlos ineinander übergehen.
Ausgangspunkt für den Teil Prologue ist die Hauptfigur aus Fitzcarraldo, Brian Sweeney Fitzgerald, und sein Traum, inmitten des Dschungels ein Opernhaus zu errichten. Ich wollte, dass diese Einleitung die Erhabenheit und die überschwänglichen Emotionen einer romantischen Opernouvertüre vermittelt. Als ich mit dem Komponieren begann, nahm dieser Wunsch immer konkretere Gestalt an, indem die an Rigoletto erinnernden Fragmente im Unterbau mit den „Baumfrosch“-Fragmenten zusammenfanden, die schwermütig im oberen Klangspektrum aufblitzen. Der Kurs des Schiffs und das Streben nach Erfüllung von Fitzgeralds Träumen wurden hier in ein gewaltiges Glissando übertragen, das in den Tiefen des Orchesters beginnt und langsam ansteigt.
Caruso ist eine ausgedehnte Fantasie, „aus dem Delirium des Dschungels geboren“, wie Herzog es ausdrückte. Die Musik besteht fast zur Gänze aus winzigen Fragmenten, die von Schallplattenaufnahmen des Tenors Enrico Caruso zwischen 1903 und 1908 stammen. Sie werden wiederholt, gedehnt und zu einer Art „Chor“ aus Carusos kombiniert. Die E-Gitarre repräsentiert eine besessene, kreative Kraft im Zentrum des Geschehens, die von dieser Klangfülle umhüllt und abgemildert wird, mit ihr wetteifert und manchmal von ihr überwältigt wird.
Gold is the sweat of the sun, silver are the tears of the moon verleiht der treibenden Kraft hinter dem Streben nach Verwirklichung einer solch herausragenden Vision eine Stimme und Körperlichkeit. Ein Schauspieler trägt Passagen aus dem Tagebuch vor, während ein Mezzosopran tiefer in mysteriösere und sinnlichere Gefilde vordringt. Währenddessen bietet das Orchester die Kulisse und vielleicht sogar die Verkörperung dessen, was man als zentrale Figur dieser Trilogie bezeichnen kann: der Dschungel selbst und der Fluss, der ihn durchströmt.
David Fennessy über die Weltpremiere von Conquest of the Useless