Gustav Mahler
Das Lied von der Erde
Kurz-Instrumentierung: 4 3 5 3 - 4 3 3 1 - Pk, Schl(4), Hf(2), Cel, Mand, Str
Dauer: 60'
Übersetzer: Steuart Wilson
Text bearbeitet von: Gustav Mahler
Thematische Analyse von: Josef Venantius von Wöss
Klavierauszug von: Josef Venantius von Wöss, Erwin Stein
Herausgeber: Karl Heinz Füssl
Dichter der Textvorlage: Hans Bethge
Solisten:
Tenor
Alt oder Bariton
Instrumentierungsdetails:
kleine Flöte
1. Flöte
2. Flöte
3. Flöte (+2. Picc)
1. Oboe
2. Oboe
3. Oboe (+ Eh)
kleine Klarinette in Es
1. Klarinette in B
2. Klarinette in B
3. Klarinette in B
Bassklarinette
1. Fagott
2. Fagott
3. Fagott (+ Kfg)
1. Horn in F
2. Horn in F
3. Horn in F
4. Horn in F
1. Trompete
2. Trompete
3. Trompete
1. Posaune
2. Posaune
3. Posaune
Basstuba
Pauken
Schlagzeug (4): Glockenspiel, Triangel, Becken, Tam-Tam, Tamburin, große Trommel
1. Harfe
2. Harfe
Celesta
Mandoline
Violine I
Violine II
Viola
Violoncello
Kontrabass
Mahler - Das Lied von der Erde für Soli und Orchester
Gedruckt/Digital
Übersetzung, Abdrucke und mehr
Gustav Mahler
Mahler: Das Lied von der Erde für eine Tenor- und eine Alt- (oder Bariton-) Stimme und OrchesterInstrumentierung: für eine Tenor- und eine Alt- (oder Bariton-) Stimme und Orchester
Ausgabeart: Partitur
Sprache: Deutsch
Gustav Mahler
Mahler: Das Lied von der Erde für Soli: Tenor, Alt (Bariton) und OrchesterInstrumentierung: für Tenor, Alt oder Bariton und Orchester
Ausgabeart: Klavierauszug
Sprache: Deutsch
Gustav Mahler
Mahler: Das Lied von der Erde für Tenor und Alt (oder Bariton) und Orchester Digital verfügbarInstrumentierung: für Tenor und Alt (oder Bariton) und Orchester
Ausgabeart: Studienpartitur
Sprache: Deutsch
Gustav Mahler
Mahler: Das Lied von der Erde für Tenor-, Alt- (Bariton-) Stimme und OrchesterInstrumentierung: für Tenor, Alt oder Bariton und Orchester
Ausgabeart: Dirigierpartitur
Sprache: Deutsch
Bindungsart: Hardcover
Gustav Mahler
Mahler: Das Lied von der Erde (chinesisch)Instrumentierung: für Soli und Orchester
Ausgabeart: Klavierauszug
Sprache: Chinesisch (Kantonesisch) | Englisch
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Hörbeispiel
Werkeinführung
Laut Alma Mahlers Erinnerungen hatte ein alter Freund der Familie (Dr. Theobald Pollak) Mahler „vor Jahren […] die neu übersetzte ‚Chinesische Flöte‘ gebracht (Hans Bethge). Diese Gedichte gefielen Mahler außerordentlich und er hatte sie sich für später zurechtgelegt. […] jetzt überfielen ihn diese maßlos traurigen Gedichte, und er skizzierte schon in Schluderbach, auf weiten einsamen Wegen, die Orchesterlieder, aus denen ein Jahr später Das Lied der Erde werden sollte!” Almas Aufzeichnungen entsprechen jedoch – zuweilen bewusst – nicht immer den Tatsachen. Alfred Roller, Mahlers bevorzugter Regisseur an der Hofoper, berichtet anlässlich eines Besuchs in Schluderbach über den Komponisten: „Dieser Sommer blieb ohne künstlerische Frucht.” Außerdem war im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel die Veröffentlichung von Bethges Die chinesische Flöte erst am 5. Oktober 1907 angezeigt, als Mahler bereits längst aus Tirol nach Wien zurückgekehrt war. Selbst wenn er einen Vorabdruck erhalten haben sollte (was eher unwahrscheinlich ist), legen sowohl Mahlers spätere briefliche Mitteilungen als auch die datierten Manuskripte seines zunächst noch unbetitelten neuen Werks nahe, dass es großteils oder zur Gänze im Sommer 1908 entstanden ist. Seltsamerweise hat Mahler die Texte, die so gut für sein Werk geeignet waren, ausgerechnet in Gedichten aus der T’ang-Dynastie des 8. Jahrhunderts gefunden. Diese Verse sind jedoch nicht „neu übersetzt”, sondern vielmehr Bearbeitungen bereits existierender deutscher bzw. französischer Übersetzungen, und daher vom originalen Chinesisch zwei- bis dreimal weiter entfernt. Bethge nennt sie denn auch zutreffend „Nachdichtungen”. Er war kein Sinologe, sondern ein so genannter „Einfühlungsaesthetiker”, der seine Intention so beschrieb: „Es kommt nicht darauf an, ein Gedicht wörtlich zu übertragen, es kommt vielmehr darauf an, den Geist, den Stil, die Melodie eines Gedichtes in der fremden Sprache einigermaßen neu erstehen zu lassen.” Das Ergebnis ist in mehrfacher Hinsicht der Lyrik des ausgehenden 19. Jahrhunderts verwandt, angereichert mit orientalischen Anklängen. Aus der Sammlung von 83 Nachdichtungen aus der Feder von ursprünglich 38 Dichtern wählte Mahler schließlich sieben aus und formte daraus eine Allegorie über die Flüchtigkeit des Lebens und das Eingehen in die Unendlichkeit. Wie schon bei den Wunderhorn- und den Rückert-Liedern griff er auch hier gestaltend in die Textvorlagen ein, um ihnen den entsprechenden Ausdrucksgehalt zu verleihen (so sind die bemerkenswerten Schlussverse von Der Abschied, beginnend mit „Still ist mein Herz, und harret seiner Stunde” fast zur Gänze seine eigenen Worte). Dennoch durchzieht ein orientalisches Grundprinzip Das Lied von der Erde mittels seiner Yin-Yang-Polarität mit den Gegensatzpaaren von Nacht / Tag, Herbst / Frühling, Jugend / Tod, Rausch /Meditation, sowie musikalisch in der Aufspaltung der Stimmlagen in hoch/tief (üblicherweise Tenor / Alt; s. u.). Dazu kommt die in allen sechs Sätzen vorherrschende halbtonlose Pentatonik, das in Asien am weitesten verbreitete Tonalitätssystem, und außerdem macht sich Mahler hier die Technik der Heterophonie (Adorno nennt sie „unscharfes Unisono”) zunutze.
Zwei ergreifende Briefe an Bruno Walter bezeugen, wie schwer es Mahler im Sommer des Jahres1908 gefallen ist, das Komponieren wieder aufzunehmen. Am 18. Juli schreibt er: „Aber, ohne daß ich Ihnen hier etwas zu erklären oder zu schildern versuche, wofür es vielleicht überhaupt keine Worte gibt, will ich Ihnen nur sagen, daß ich einfach mit einem Schlage alles an Klarheit und Beruhigung verloren habe, was ich mir je errungen; und daß ich vis à vis de rien stand und nun am Ende eines Lebens als Anfänger wieder gehen und stehen lernen muß.” Besonders, dass er von nun an auf ärztliche Anordnung jegliche körperlicher Ertüchtigung (also auch seine gewohnten anstrengenden Fußmärsche) unterlassen sollte, machte ihm zu schaffen: „Am Schreibtisch kann ich nicht arbeiten. Ich brauche für meine innere Bewegung die äußere. […] Ich gestehe, dies ist – so äußerlich es scheint – die größte Kalamität, die ich mich getroffen. Ich muß eben ein neues Leben beginnen – bin auch da völliger Anfänger.” Dennoch bewältigte er die Umstellung. Anfang September, nur sechs Wochen später, konnte er Walter berichten: „Ich war sehr fleißig (woraus Sie ersehen, daß ich mich so ziemlich ‚akklimatisiert‘ habe). Ich weiß es selbst nicht zu sagen, wie das Ganze benamst werden könnte. Mir war eine schöne Zeit beschieden und ich glaube, daß es wohl das Persönlichste ist, was ich bis jetzt gemacht habe.”
Mahlers Scheu davor, dieser seiner neuesten Komposition einen Titel zu geben, gründet sich laut Berichten einiger seiner Zeitgenossen auf einer abergläubischen Angst vor einer „Neunten” – die für Beethoven und Bruckner ja die letzte ihrer Gattung gewesen war. Es gab aber auch noch andere Gesichtspunkte: Das Werk ist eine außergewöhnliche Verschmelzung von Lied und Symphonie, und wie Mahler es bei allen seinen Liedern seit 1892 (mit einer Ausnahme) gehalten hatte, schrieb er zwei voneinander unabhängige Fassungen – eine für Klavier und die andere für Orchester – nahezu gleichzeitig nieder.
Im Winter 1909–1910 gab Mahler dem Werk dann schließlich den Titel „Das Lied von der Erde”, und zwar auf demselben Blatt Papier, auf dem er die so sehr gefürchtete Nummer „9” einer im Sommer zuvor vollendeten Symphonie zuteilte. Damals waren die Sätze 1, 3, und 5 für Tenor, 2, 4, und 6 „für Alt” bestimmt, genau wie in der Partiturreinschrift. In die Stichvorlage schrieb Mahler jedoch folgende Überschrift: „Das Lied von der Erde” / Eine Symphonie / für eine Tenor- und eine Alt oder Baryton-Stimme / und Orchester / von / Gustav Mahler. „Baryton” ist eindeutig ein späterer Zusatz auf dieser Seite, ebenso wie die eigenhändige Anweisung beim Einsatz der Singstimme im zweiten Satz: „(kann eventuell auch von Baryton übernommen werden[)]”.
Das Lied von der Erde und seine Symphonie Nr. 9 konnte Mahler nicht mehr in der für ihn üblichen Vorgangsweise, durch Aufführung und darauffolgende akribische Revisionen vollenden. Die Dirigierpartitur hat Josef Venantius von Wöss, Chefredakteur der Universal Edition, in fachlicher Absprache mit Bruno Walter für den Druck vorbereitet, der am 1. April 1912 erfolgte. Wir wissen nicht, warum Mahler seine eigene Klavierfassung des Werks nicht herausgab; sein Vertrag mit der Universal Edition vom 21. Mai 1910 legt fest, dass der Verleger einen zweihändigen Klavierauszug herzustellen hatte. Mahler schätzte den Klavierauszug sehr, den Wöss zur Symphonie Nr. 8 angefertigt hatte, und dessen Auszug zum Lied von der Erde (UE 3391) war rechtzeitig vor der Uraufführung, nämlich am 4. November 1911, verfügbar. Am 20. November 1911, fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach Mahlers Tod, stellte Bruno Walter der Welt das Werk im Rahmen einer zweitägigen Gedenkveranstaltung in München vor. Seither wird Das Lied von der Erde gemeinhin für das größte Meisterwerk des Komponisten erachtet, – „das ‚Mahlerischeste’ seiner Werke”, um mit Bruno Walter zu sprechen.
Stephen E. Hefling
März 2010
(deutsche Übersetzung von Renate Stark-Voit)