

Carlos Gardel
Vidas de Gardel
Kurz-Instrumentierung: 3 3 3 3 - 4 2 2 1 - Pk, Schl, Klav, Str
Dauer: 31'
Bearbeitung: Diego Marcelo Collatti
Solisten:
Tenor
Instrumentierungsdetails:
kleine Flöte
1. Flöte
2. Flöte
1. Oboe
2. Oboe
Englischhorn
1. Klarinette in B
2. Klarinette in B
Bassklarinette
1. Fagott
2. Fagott
Kontrafagott
1. Horn in F
2. Horn in F
3. Horn in F
4. Horn in F
1. Trompete in B
2. Trompete in B
Posaune
Bassposaune
Tuba
Pauken
Schlagzeug
Klavier
Violine I
Violine II
Viola
Violoncello
Kontrabass
Gardel; Collatti - Vidas de Gardel für Tenor und Orchester
Gedruckt/Digital
Übersetzung, Abdrucke und mehr

Diego Marcelo Collatti
Ciclo de Tangos para voz y orquestaInstrumentierung: für Tenor und Orchester
Ausgabeart: Klavierauszug
Sprache: Spanisch
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Diego Marcelo Collatti
Gardel: 5 TangosInstrumentierung: für Tenor und Orchester
Ausgabeart: Studienpartitur (Sonderanfertigung)
Sprache: Spanisch
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Werkeinführung
Wäre das Leben nicht großteils ein Rätsel,
es wäre auch nicht so faszinierend.
Carlos Gardels Leben (1890-1935) birgt viele Rätsel. Die Geheimnisse wurden aus verschiedensten Gründen von Carlos Gardel selbst genährt und teilweise auch ausgenützt. Scheinbar aufgrund wirtschaftlicher Interessen seines Bevollmächtigten, kam nach seinem tragischen Tod die Hypothese auf, seine Geburtsstadt sei Toulouse. Die Dokumente sprechen ganz klar von Tacuarembo, Uruguay. Sicher ist aber, dass die Faszination, die Gardels Stimme entfachte und noch heute entfacht, seit jeher von den vielen Legenden beeinflusst und getragen wurde, die sich um sein Leben ranken.
So wie Garry Kasparov das bekannte Sprichwort umkehrt und zum Titel seines Buches macht – How Life Imitates Chess – scheinen Worte und Aura des Tangos zahlreiche Ereignisse in Carlos Gardels Leben zu bestimmen oder zu inspirieren (wir sind geneigt zu glauben, die Realität würde die Fiktion speisen, und vergessen gänzlich, dass Fiktion ihrerseits Realität schafft, beide formen und nähren einander). Zweifellos besteht eine fließende Kommunikation zwischen der Person und der Künstlerpersönlichkeit Gardel. Seine liebsten Themen waren das Nachbarschaftsviertel, die erste Liebe, das Spiel, die Rückkehr in die geliebte Stadt, Mut, Sehnsucht, der Tango selbst …
Damit etwas existiert, sind offenbar viele Dinge vonnöten … Zeit, Fakten, natürliche und soziale Prozesse etc. In Carlos Gardels goldenem Zeitalter gab es eine ganze Stadt, ja dahinter sogar ein ganzes Land, das existieren wollte … In diesem Wunsch zu sein und eine eigenen Persönlichkeit zu erlangen, reicht Carlos Gardel Argentinien eine starke Hand … Nahezu alle Argentinier betrachten Carlos Gardels Tangos und Stimme als eine Art Geburtsurkunde oder Beweis für den Wert und die Existenz dieses Ortes in der Welt, der Argentinien sein möchte.
Carlos Gardel hat auf Spanisch, Neapolitanisch, Englisch, Guarani und Französisch aufgenommen. Er hat Filme für Paramount Pictures gedreht. Das heißt, wenngleich seine Kunst mit Buenos Aires und Argentinien assoziiert wird, ist seine Universalität dennoch wohlerprobt, nicht nur aufgrund der Tatsache, dass er in verschiedenen Sprachen singt, sondern weil die künstlerischen und poetischen Grundlagen seiner Musik über geografische Grenzen hinausgehen; schon alleine deshalb, weil er eindeutig die menschliche Natur als solches besingt.
Mit diesem Liederzyklus von Carlos Gardel wollte ich zu jenen Eilanden seiner Tangos reisen, das Original überfliegen, an manchen Stellen landen und sie besuchen, immer wieder aufs Neue abheben; sie aus verschiedenen Perspektiven betrachten, den Umstand genießen, dass ich mich diesen Tangos mit Respekt für die ursprünglichen Ideen widmen aber gleichzeitig mit offenem und forschendem Geist hinterfragen und Zwiesprache halten kann (…)
Die Tatsache, dass diese Tangos Anfang des 20. Jahrhunderts komponiert wurden, dieser Zyklus aber in einem zeitlich entfernten Blickwinkel und Kontext entsteht, stellt für mich einen überaus relevanten künstlerischen Aspekt dar. Ich bin überzeugt von der dialektischen Qualität in der Kunst.
Dieser Zyklus gleicht einer Unterhaltung zwischen Gardels Tangos und meiner Nos-talgie, zwischen dem Gestern und dem Heute.
Als Komponist lege ich besonderen Wert auf den kommunikativen Aspekt. Ich denke an ein hypothetisches Publikum. Ich denke, ein Gardel nach dem anderen ist zu viel Honig, zu viel Zucker auf einer einzigen Scheibe Toast. Es ist meine Absicht, den psychologischen Kontext zu vertonen, in dem diese Tangos geschrieben wurden. Ich weiß genau, dass dies ein imaginatives, subjektives, riskantes Unterfangen ist … und dennoch behaupte ich, ein Zyklus ist die beste Form, diese Tangos zu präsentieren. Vielleicht ist es ein pragmatischer Ansatz, Gardels Tangos mit einer Musik abzuwechseln, die, im Sinne eines Kontrastes, etwas Abstand nimmt von der Intensität der Gefühle und des Tangos. Mir kommt der italienische Begriff Pianoforte in den Sinn und ich glaube, darin die Metapher für meine formalen Überlegungen zu diesem Zyklus zu erkennen. Gardels Tangos wären die Fortes (oder die Pianos … ) und ich hielt es für notwendig, sie mit Stücken zu verflechten, die sich von Gardels Welt entfernen, zwar nicht vollständig, aber sich doch entfernen … um zurückzukehren; so wie auch eine Schaukel nicht nur nach vorne oder nach hinten schwingen kann. Gardels Tangos bewegen sich in eine Richtung und ich wollte gegensteuern.
Mehr noch als die Tangos von Gardel zu orchestrieren, wollte ich mit ihnen ins Ge-spräch kommen, ebenso mit ihren formalen Gesten, ihren Harmonien, Melodien, Rhythmen, Timbres etc.
Gardel ist Teil von Argentiniens kollektivem Unbewussten. Seine Phrasierung oder Art, bestimmte musikalische Phrasen umzusetzen, hat nicht nur Ausdrucksweisen in der Sprache der Musik geprägt, sondern auch in der Umgangssprache. Die Redewendung „Zwanzig Jahre sind ein Nichts“ („Veinte años no es nada“) zeugt davon. Ich habe für meine Arbeit die Tonaufnahmen angehört und versucht, Gardels Art der Phrasierung zu entschlüsseln und mit der Notation zu vergleichen, die logischerweise nicht mehr sein kann als eine Vereinfachung von Gardels meisterhafter und virtuoser Praktik.
Mein Ansinnen ist es, eine Art Reise in Gardels Welt zu bieten. Ich bin gewissermaßen der Touristenführer, der eine Route vorbereitet und die eine oder andere Überraschung oder Variation zu den wichtigsten Zielen ersonnen hat, zu den Tangos von Gardel.
Diego Collatti (2017)