

Alfred Schnittke
4. Konzert
Kurz-Instrumentierung: 3 3 3 3 - 4 4 4 1 - Schl(6), Hf, Cel, Cemb, Klav, Asax, Str
Dauer: 35'
Widmung: Gidon Kremer gewidmet
Solisten:
Violine
Instrumentierungsdetails:
1. Flöte
2. Flöte
3. Flöte (+Afl(G))
1. Oboe
2. Oboe
Englischhorn
1. Klarinette in B
2. Klarinette in B
Bassklarinette in B (+3. Kl(B))
Altsaxophon in Es
1. Fagott
2. Fagott
3. Fagott (+Kfg)
1. Horn in F
2. Horn in F
3. Horn in F
4. Horn in F
1. Trompete in B
2. Trompete in B
3. Trompete in B
4. Trompete in B
1. Posaune
2. Posaune
3. Posaune
4. Posaune
Kontrabasstuba
Schlagzeug (6 Spieler): Pauken, Xylophon, Glockenspiel, Marimbaphon, Vibraphon, Glocken, Flexaton,4 Bongos, Tam-Tam
Harfe
Celesta
Cembalo
Klavier
Violine I
Violine II
Viola
Violoncello
Kontrabass
Schnittke - 4. Konzert für Violine und Orchester
Gedruckt/Digital
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Alfred Schnittke
Schnittke: 4. KonzertInstrumentierung: für Violine und Orchester
Ausgabeart: Solostimme(n)

Alfred Schnittke
Schnittke: Konzert Nr. 4 für Violine und OrchesterInstrumentierung: für Violine und Orchester
Ausgabeart: Taschenpartitur
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Hörbeispiel
Werkeinführung
Als Kompositionsauftrag der 34. Berliner Festwochen wurde das Vierte Violinkonzert 1984 komponiert und am 11. September 1984 in Berlin mit großem Echo uraufgeführt (Solist war Gidon Kremer, dem das Werk gewidmet ist, die Berliner Philharmoniker leitete Christoph von Dohnányi). In seinem Kommentar spricht der Komponist vor allem über das Tonmaterial des Konzerts, das – als Zeichen seiner Bewunderung für und Freundschaft zu Kremer – „aus Monogrammen von Gidon Kremer, von mir – und im letzten Satz von noch drei anderen verwandten Seelen, Edison Denisow, Sofia Gubajdulina und Arvo Pärt – gewonnen ist“, weiters von seinem Versuch, „von Ton zu Ton und von Ton zu Pause eine melodische Spannung herzustellen, mit freier Verwendung von ‚neuen‘ und ‚alten‘ Techniken“, sowie auch über zwei Zitate, die das Werk sehr stark prägen: „Die zwei schönen Plüschmelodien (die eine als ‚fatum banalis‘ durch das ganze Stück ziehend und die andere als ‚falsche Erlösung‘ im dritten Satz aufscheinend) sind nur zwei geschminkte Leichen“. Letztlich berührt er auch die Steigerung der Expressivität, die szenisch effektvoll mit dem Austritt in Nichtmusik endet, wenn der Solist nur noch mit dem Bogen über die Violine schwingt, die Saiten nicht mehr berührend: „Einige Male (z. B. Cadenza visuale im 2.Satz) wird ein Blick hinter den Vorhang in das hypnotisierende, stumme Jenseits der Musik gewagt – in die Welt des tonlosen Lautes (sonst Pause genannt). Aber das sind nur Augenblicke, kurze Flugversuche – das scheiternde Zurücksinken in den Ton ist unvermeidlich. Oder?“
Schnittke will offenbar keine Ausflüge ins noch Ungewagte ausschließen, doch es scheint, dass sein Bedürfnis nach ständiger Konfrontation die Grenzbereiche nicht oder nur selten zu berühren braucht. Es geht um die immer wieder neue Erprobung eines der Grundgesetze der Musik: „Fortschritt und historisches Gedächtnis gehören, als zwei Seiten derselben Sache, zusammen.“ Schnittkes „historisches Gedächtnis“ ist stark und vielseitig, anderseits ist er sich bewusst, dass musikalischer Ausdruck, einmal geprägt, unwiederholbar ist, so dass die Tendenz zu selbständiger Veränderung durchaus legitim und unumgänglich ist.
Aus dieser Erkenntnis, dass das musikalische Werk immer Resultat eines Konfliktes zwischen Spontaneität und Konvention, zwischen Originalität und Erbe ist, resultiert die Substanz und Arbeitsweise in diesem Konzert.
Im viersätzigen Zyklus, mit nur einem schnellen Satz (2. Satz), wird der Kontrast als wichtigstes Formungsprinzip betont: Kontrast im Material selbst, in der Art seiner Bearbeitung und Beleuchtung, in Auswahl der Formen, eigentlich „Stereotypen“, die sich auf verschiedene Schichten des konstruktiven Projektes beziehen, in rhythmischen Schemata, Lautstärkeveränderungen, im Wechsel der Spielweisen. Schnittke konfrontiert ständig das zuvor erwähnte Monogramm-Tonmaterial (vor allem das diatonische Monogramm Gidon Kremers) und Zitate der Vergangenheit (streng an die funktionale horizontale und vertikale Norm gebunden) mit seinem eigenen überchromatisierten, freien, sehr dissonanten musikalischen Raum. Dabei sind diese Schichten durchaus nicht eindimensional nacheinander oder übereinander situiert: sie erleben vielseitige Reinterpretationen, Umdeutungen und treten in immer neue Beziehungen, so als ob die Grenzen der Umdeutungsmöglichkeiten des musikalischen Materials zu untersuchen seien.
Maria Bergamo