Christian Dimpker
N. 24 La naissance
Dauer: 28'
Solisten:
live electronics
N. 24 La naissance
Übersetzung, Abdrucke und mehr
Christian Dimpker
N. 24 La naissance Digital verfügbarInstrumentierung: Für Perkussion, Aerophone und Elektronik auf Festmedien
Ausgabeart: Noten
Musterseiten
Video
Werkeinführung
Das Verständnis über das Verhältnis zwischen dem Feuer und der realen und imaginären Welt beginnt ungefähr 50.000 v. Chr. mit den Ureinwohner Australiens. Einer der Feuermythen der Aborigines bezieht sich auf eine unwirtliche Erde, die sie durch ein eigentlich beunruhigendes Feuer zu einem behaglichen Ort wandelt. Dieser Feuermythos bildet die Grundlage für die verwendeten Instrumente. Sie alle sind abgeleitet von traditionellen Instrumenten der Aborigines, allen voran insgesamt 29 Didgeridoos (von Kontra-C bis zum kleinen e). Der Bedeutungszusammenhang des Feuers ist antagonistisch: Einerseits steht es für die Erneuerung, Wärme, das Licht und die Reinigung, andererseits für die Zerstörung und die Herbeiführung des Todes. Kunstgeschichtlich hat das Feuer durch Otto Piene und Zero, aber auch Yves Klein, herausragende Bedeutung gewonnen. Pienes Rauch- und Feuerbilder lassen sich als Teil eines Komplexes zur Erfahrbarmachung des immateriellen Lichts verstehen. Klein rückte hingegen die zerstörerische Kraft des Feuers in seinen öffentlichen Aktionen in den Vordergrund und bearbeitete Leinwände großflächig mittels Flammenwerfer. Zwei ihrer Feuerarbeiten werden sogar durch Einbindung in das Spektrum selbst Teil des Stückes. Thematisch wird in diesem Stück dieser Bedeutungszusammenhang des Feuers erzählt, ausgehend vom rohen Feuer über den Feuermythos hin zur Zerstörungskraft des Feuers, seiner Schöpfungskraft und Lichtwerdung. La naissance de la lumière à partir de l’esprit du feu ist aber nicht nur das – ein thematisches Stück elektroakustischer Musik –, es kann auch mit einer choreographischen Arbeit und einer Lichtarbeit, allesamt ebenfalls komplett notierte Werke, zu einem Gesamtkunstwerk verwoben werden.
Instrumente
Audio-Software freier Wahl (zur Realisation von Audiobearbeitungs- und Klangsyntheseverfahren), 4 Kugelmikrofone, 2 Nierenmikrofone, 4.1 Lautsprecher, 1 große Leinwand, Fixative, Sikkative, Firnisse und Pigmente, 5 große Äste freier Wahl, 1 menschlicher Körper (Geschlecht gleichgültig), 9 unterschiedliche Bullroarers von 15-60 cm Eukalyptusblätter (o. Ä.), 3 selbstgebaute Holzrasseln unterschiedlicher Art mit untersch. Füllung, 2 Clave-Paare unterschiedlicher Art, 2 Clapstick-Paare unterschiedlicher Art, 1 selbst angefertigtes Holzstock-Paar zur Klangerzeugung auf: 1 Holzstück, 1 Stein, Sand, 1 Metallstück, Erde, 1 Bambusstück 3 Güiros unterschiedlicher Art mit zugehörigen Schlägeln, 29 Didgeridoos [1C-e] (Dg.), Hochspannungsanlage
Was braucht man, um dieses Werk aufzuführen?
Es werden vermutlich drei Spielerïnnen zur Realisation dieses Lautsprecherstückes benötigt – eine Spielerïn, der vor allem in der Lage ist die Didgeridoos (Zirkuläratmung) zu spielen, ein Perkussionist und eine Spielerïn, der in der Lage ist alle elektroakustischen Gerätschaften (Mikrofone und Software) zu bedienen. Das Stück steht im Zusammenhang mit den Werken Feux avant, la chorégraphie: Theatrales Lichtballett und En l‘absence de choses: Choreographie für Ballett-Tänzerïnnen. Die Werke sind so konzipiert, dass sie als Gesamtkunstwerk gemeinsam aufgeführt werden können. Sie können aber auch einzeln gespielt werden bzw. können nur zwei Werke in jeder Kombination zusammen aufgeführt werden. Zudem kann die Lichtarbeit installiert und einzeln oder in Kombination mit dem vorliegenden Werk gezeigt werden. Sie ist leicht länger als das elektroakustische Stück (28’00’’ und 27’24’’ Minuten). Bei einer Installation beider Werke verschieben sie sich gegeneinander. Wird das vorliegende Werk einzeln aufgeführt, so sollte dieses in einem komplett abgedunkelten Raum geschehen und auf der Bühne – je nach Raumgröße variabel – 50-100 Kerzen (auch elektrische Variation mit wenigeren Lichtquellen im Konzertsaal möglich) installiert werden. Diese sollen ab Takt 374 (13’08’’) mittels Streichhölzern nach und nach von 2-4 Personen entzündet werden. Bei einer Installation des Stückes soll die gesamte Partitur zusätzlich im selben (nicht abgedunkelten) Raum ausgehängt werden. Falls nicht alle Didgeridoos aufgetrieben werden können, kann auch ein limitiertes Instrumentarium verwendet und elektronisch transponiert werden. Die aufgenommen Instrumente können zudem geschnitten, augmentiert, diminuiert, lauter und leiser gemacht werden, um sie einzupassen. Tempo und Taktart sind sehr einfach gehalten. Der Grund ist die Synchronisation mit den anderen Arbeiten (sie sollen leicht für Tänzer und Lichtregisseure ausführbar sein).
Es wird ein sog. (wie vom IRCAM vertriebener) „Image-Filter“ verwendet, um weißes Rauschen zu filtern. Als Bilder dienen Yves Kleins Peinture de feu sans titre (F71), Otto Pienes Wetter sowie ein auf ähnliche Weise hergestelltes Bild (vgl. S. 35ff.). Seine Urrealisation (von Magdalena Meitzner) ist hier abgebildet (s. S. V), es kann zur Vereinfachung verwendet werden. Die brennende Leinwand (s. S. 37f.) kann dann durch eine variable Feueraufnahme ersetzt werden. Es gibt bei diesem Filtertyp einzig die Vorgaben, dass je heller eine Stelle auf dem (Graustufen-)Bild ist, desto schwächer das Originalsignal (weiß = Originalsignal ist nicht zu hören) und je dunkler eine Stelle auf dem Bild ist, desto stärker das Originalsignal (schwarz = Originalsignal ist ungefiltert). Die x-Achse des Bildes repräsentiert die Zeit (vgl. die Partitur für ihre Länge) und die y-Achse die Frequenz (von 20 Hz bis 20 kHz). Es kann mit den Einstellungen des Filters und der Helligkeit des Bildes gespielt werden. Falls ein derartiger Filter nicht (mehr) auftreibbar ist, kann stattdessen ausgehend von den Bildern als Inspiration mit einer komplexen Filterbank und einem Ringmodulator improvisiert werden. Bei den synthetischen Klängen werden keine exakten (zusätzlichen ADSR-)Hüllkurven notiert. Sie sollten aber von der Interpretation mitgedacht werden.