
Wolfgang Rihm
Phantom und Eskapade
Dauer: 17'
Widmung: Für Anne-Sophie Mutter
Instrumentierungsdetails:
Violine
Klavier
Übersetzung, Abdrucke und mehr
Wolfgang Rihm
Rihm: Phantom und EskapadeInstrumentierung: für Violine und Klavier
Ausgabeart: Noten (Sonderanfertigung)
Ein Phantom ist dem Sachbuch zufolge ein Trugbild, und eine Eskapade ein Seitensprung. Wolfgang Rihm mag bei der Titelwahl hier ein wenig zugespitzt haben, trotzdem verrät sich in der zunächst verwunderlich erscheinenden Wortverbindung etwas von dem eigentümlichen Doppel- besser Mehrfachcharakter der zur Rede stehenden Komposition. Doppelbödig ist nämlich auch der Untertitel „Stückphantasien“. Warum nicht. „Phantasiestück“? Dieser Begriff hätte wohl dem 19. Jahrhundert zu nahe gestanden, träfe im Übrigen auch die Sache nicht. Denn Rihms Werk ist, betrachtet man es aus der Nähe, eine vielfach abgestufte Folge kleinerer Gebilde oder Episoden oder Phantasien, die sich bei aller Mannigfaltigkeit am Ende doch zum „Stück“ runden.
So fasert sich der Lauf des Werkes stationenreich auf: mal versonnen und in jenem fast schwärmerischen Lyrismus, wie er Rihm seit den späten achtziger, frühen neunziger Jahren zu Gebote steht, mal geradezu elegisch schlicht, mal kernig und energisch, sogar wild, auch kapriziös, erzählerisch-balladesk und virtuos. Tänzerisches mit magyarisierendem Unterton springt jäh in Choralmäßiges um, die Ausdrucksvorschriften und Vortragsanweisungen wechseln nicht selten fast von Takt zu Takt. Dies alles freilich nicht in kaleidoskopischer Beliebigkeit, zwar angeordnet nach dem Schweifen der Phantasie, doch zusammen gefasst durch das einende Band, das kompositorische Persönlichkeit heißt.
Wolfgang Rihm hält sich hier in einer Position, die er selbst einmal mit dem Blick auf Ferruccio Busoni in die Formel fasste: „Dem Neuen auf der Spur, vor dem Vergangenen jedoch nicht auf der Flucht“ – eine Ambivalenz, die ihn selbst in geistige Parallele zu Alban Berg setzt.
Josef Häusler