Klaus Simon
Sämtliche Lieder Band 1
Dauer: 55'
Sämtliche Lieder Band 1
Übersetzung, Abdrucke und mehr
Klaus Simon
Sämtliche Lieder Band 1 Digital verfügbarInstrumentierung: für hohe Singstimme und Klavier
Ausgabeart: Dirigierpartitur
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Werkeinführung
Erich J. Wolff
Sämtliche Lieder Band 1
für hohe Singstimme und Klavier
Inhaltsverzeichnis
Einen Sommer lang – in sechs Liedern op. 17
für hohe Singstimme und Klavier 1907
1. Sommer (Paul Wertheimer)
2. Sehnsucht (Detlev von Liliencron)
3. Zuversicht in Pan (Otto Julius von Bierbaum)
4. Einen Sommer lang (Detlev von Liliencron)
5. Ein Sonntag (Paul Wertheimer)
6. Glückes genug (Detlev von Liliencron)
aus: Sechs Lieder für eine Singstimme und Klavier op. 1 1902
2. Ein Musikant, ein Schwärmer (Robert Burns)
4. War eine Maid, die ewig spann (Robert Burns)
6. Genrebild (Jens Peter Jacobsen)
aus: Sechs Gedichte von Richard Dehmel op. 8 1907
2. Erhebung
3. Immer wieder
aus: Sechs Gedichte aus „Des Knaben Wunderhorn“ op. 9 1907
2. Frau Nachtigall
4. Knabe und Veilchen (Duett)
6. Tanzreim (Duett)
Zwei Gedichte von Tora zu Eulenburg op. 11(b)
1. Sturmflut
2. Trinklied
aus: Neun Lieder für hohe Stimme und Klavier nach verschiedenen Dichtern op. 12 1907
1. Spaziergang (Max Bruns)
4. Das mitleidige Mädel (Gustav Falke)
9. Traurige Mär (Rudolf Schaukal)
7. Im Kahn (Cäsar Flaischlen)
aus: Sieben Lieder nach verschiedenen Dichtern op. 22 1910
5. Liebesmelodie (Wilhelm Conrad Gomoll)
aus: Sechs Gedichte nach Jens Peter Jacobsen op. 26 1913
2. Seidenschuh’ über Leisten aus Gold
4. Flieg hin, mein Kiel!
6. Meine Braut führ’ ich heim
aus: Acht Lieder nach Gedichten von Emil Faktor op. 32 1910–13?
1. Der tote Lenz (Emil Faktor) NL 14 80
Alle sieben Bände dieser Neuausgabe aller Lieder von Erich J. Wolff sind gleichzeitig zu einer Gesamteinspielung dieser Lieder mit verschiedenen Sängerinnen und Sängern in Koproduktion mit Deutschlandfunk Kultur, SWR2, Radio Bremen und dem Bayerischen Rundfunk entstanden, und erscheinen nach und nach ab April 2024 gleichzeitig mit den CD-Veröffentlichungen bei Naxos.
Vorwort zum 1. Band
Eröffnet wird dieses 1. Volume mit Wolffs Liederzyklus Einen Sommer lang op. 17 auf Texte von P. Wertheimer, D. von Liliencron und O. J. Bierbaum, der 1908 veröffentlicht wurde. Die meisten Lieder sind sehr lyrisch und in einem hochromantischen Stil gehalten, der auch oft pianistisch an die Liedästhetik R. Schumanns gemahnt. Wolff verbindet die drei Liliencronvertonungen mit einem Dreiklangs-Leitmotiv, das bei Nr. 2 „Sehnsucht“ den Worten „Ich liebe dich“ erstmals unterlegt wird und dadurch den Zyklus motivisch verbindet. Hier wird die Poesie Liliencrons durch melodische Schönheit, kontrapunktische Finesse und nachwagnerische harmonische Meisterschaft auf Händen getragen.
Die sechs Lieder op. 1 (veröffentlicht 1902) verlangen in bei den ungeraden Nummern eine mittlere und bei den geraden eine hohe Stimme. Nr. 2 und 4 beruhen auf Texten des schottischen Dichters Robert Burns und Nr. 6 auf einem Gedicht des dänischen Dichters Jens Peter Jacobsen. Als sein op. 1 gedruckt wurde, stand als Komponist noch Jakob Wolff auf dem Titelblatt. Wolff hat ab seinen Liedern op. 3, die 1904 erschienen, sich wahrscheinlich aus Hinwendung zum katholischen Glauben umbenannt und seinen jüdischen Vornamen Jakob als zweiten Vornamen nach Erich als Kürzel J. verwendet.
Bereits in seinem Opus 1 beweist Wolff von Anfang an großes Gespür für diese Gattung: die Nr. 2 „Ein Musikant, ein Schwärmer“ ist ein volksliedhaftes Strophenlied, die Nr. 4 „War eine Maid, die emsig spann“ ebenfalls, aber bereits formal raffinierter (das Spinnen wird in der Klavierbegleitung durch eine pendelnde Sekundbewegung in Achteln evoziert); das „Genrebild“ Nr. 6 ist dann ein dankbarer und virtuoser Abschluss der Liedfolge mit formal vielfältigen Binnenteilen und schier grenzenloser pianistischer Phantasie.
Wolffs 1907 erschienene Lieder op. 8 sind sechs Vertonungen des Fin-de-siècle-Dichters R. Dehmel, der u. a. auch A.Schönberg zu seinem Streichsextett op. 4 Verklärte Nacht inspirierte. Den Text zu Wolffs op. 8,2 „Erhebung“ hatte Schönberg schon vorher als sein op. 2,3 vertont. Es lohnt sich, die beiden Lieder zu vergleichen: Beide sind wild, groß aufspielend, sprengen pianistisch das Klavierlied und bieten sich eigentlich für großes Orchester an, wobei Wolffs Gestus noch grandioser wirkt. In „Erhebung“ hören wir seine große Bewunderung und Kenntnis von Richard Wagner heraus. Wie anders dagegen ist die Nr. 3 „Immer wieder“, die in ihrer lyrischen Stimmung an Brahms’ schönste Lieder erinnert. Im 12/8-Takt geschrieben, nutzt Wolff in der Klavierbegleitung zwei metrische Ebenen: im Bass durchlaufende Viertel, sodass man ein Schweben erfährt, da gleichzeitig ein 6/4-Takt das Lied trägt. Die Intimität des Gedichts von Dehmel ist hier in eine zauberhafte Stimmung getaucht.
Wolffs Lieder op. 9 von 1907 sind Vertonungen aus „Des Knaben Wunderhorn“, eine Volksdichtungsammlung, die 1805 bis 1808 von Clemens Brentano und Achim von Arnim veröffentlicht wurde und die wir bis heute v. a. mit G. Mahlers Vertonungen verbinden. Wolff hat 18 davon vertont. Die Nr. 2 („Frau Nachtigall“) ist die kunstvollste davon und nur ansatzweise volkstümlich geprägt. Im langsam fließenden 6/8-Takt notiert, ist Wolff hier das Kunststück gelungen, einfach und raffiniert gleichzeitig zu sein. Die beiden Nummern 4 und 5, „Knabe und Veilchen“ bzw. „Tanzreim“, sind Dialoglieder, wie wir sie von Mahler auch kennen. Während Nr. 4 als ein schwungvoller Walzer daherkommt, führt uns Nr. 5 in seinem Wiener Dialekt im Ländlertempo in ein beschwingtes Kokettieren zwischen Jüngling und stolzer Maid. Eine perfekte Zugabe also für jeden Duettabend mit Schmunzeleffekt.
Welch großen Kontrast bilden dazu die beiden Lieder op. 11(b) nach Versen der Dichterin Tora zu Eulenburg, die ebenfalls 1907 erschienen. Die Nr. 3 „Sturmflut“ ist mit Wolffs op. 8, 2 „Erhebung“ zu vergleichen: hochdramatisch und wild, orchestral und überbordend. Es mutet eher als eine Gesangsszene als ein Klavierlied an. Das „Trinklied“ Nr. 4 mit seinem vollgriffigen punktierten Akkorden in der Begleitung ist naturgemäß etwas äußerlicher, aber sehr beschwingt angelegt. Es endet mit den Worten „Hebt die Gläser, wir sind jung, jung bis an den Tod“, was die todesmutige Kampfbegeisterung zu Beginn des 1. Weltkriegs als drohenden Schatten vorwegnimmt.
Wolffs neun Lieder op. 12 wurden ebenfalls 1907 veröffentlicht und bilden eine lose Sammlung von Liedern nach heutzutage eher vergessenen zeitgenössischen Dichtern.
Die Nr. 1 „Spaziergang“ ist eine seiner innigsten Kompositionen und führt vom ersten Takt an in eine zauberhafte Atmosphäre. Die Natur als positive Kraft und das lyrische Ich gehen symbiotische Wege, um die Liebe auszudrücken. Ein tiefes und bedeutendes Lied Wolffs. Die Nr. 4 „Das mitleidige Mädel“ nutzt die punktierten Rhythmen des zuvor besprochenen „Trinklieds“, aber nun in einer Leichtigkeit und Virtuosität, mit der die balladenhafte Wanderung des Knaben bis hin zum gefundenen Liebesglücks begleitet wird. In Nr. 9 „Traurige Mär“ geht es hingegen um enttäuschte und verletzte Liebe – mit tragisch lapidarem Ende. Das erinnert schon an ein Bänkellied. In der Nr. 7 „Im Kahn“ evozieren punktierte Rhythmen das Gleiten auf dem Wasser. Das mehrteilig gegliederte Lied ist eine wunderbar heitere, gelassene Betrachtung von Leben und Vergehen.
Wolffs „Liebesmelodie“ op. 22,6 wurde 1910 veröffentlicht und ist ähnlich wie op. 8,3 polymetrisch im 12/8- und 6/4-Takt gleichermaßen geschrieben. Wieder führt der Klavierbass ein rhythmisches Eigenleben. Diese Komposition ist ein Beispiel für ein Lied mit einem durchgängigen Begleitungsmuster, worüber sich ein variiertes Strophenlied mit einer sehr schönen Melodie erhebt.
Die sechs Lieder op. 26, erschienen 1913, tragen die letzte Opuszahl, die Wolff zu Lebzeiten vergab. Diesmal sind alle Lieder auf Texte von Jens Peter Jacobsen. Während die Nr. 2 „Seidenschuh’ über Leisten von Gold“ mit seiner langsamen Walzerbegleitung sehr an E. Grieg erinnert, sind die Nr. 4 „Flieg hin, mein Kiel!“ und die Nr. 6 „Meine Braut führ’ ich heim“ schnelle und rhythmische Lieder voll tänzerischem Charme und Brillanz.
„Der tote Lenz“ op. 32 Nr. 1 ist ein besonderes Lied, da es beinahe bluesartig melodisch zwischen der Dur- und der Mollterz changiert. Wiegende 3/8-Gruppen suggerieren das Modell einer Barcarole, die eine grandiose Schlusssteigerung erfährt.
Die Lieder dieses Bandes wurden mit dem österreichischen Tenor Daniel Johannsen und der Sopranistin Samantha Gaul zusammen mit dem Herausgeber am Klavier auf der der CD Erich J. Wolff Complete Lieder Vol. 1 Naxos 8.574451 (https://www.naxos.com/CatalogueDetail/?id=8.574451) eingespielt, die im April 2024 erschienen ist. Dort sind auch alle Gesangstexte unter „Lyrics“ als pdf abrufbar.