Johannes Maria Staud
Berenice
Kurz-Instrumentierung: 1 0 1 0 - 1 2 1 1 - Schl(2), Harm, Klav, Sax, Vl(2), Va(2), Vc(2), Kb(1), Tonbd, Live-Elektronik
Dauer: 85'
Libretto von: Durs Grünbein
Dichter der Textvorlage: Edgar Allan Poe
Widmung: für Heidrun
Chor: Chor der Familiengeister, gemischtes 8-stimmiges Vokalensemble
Rollen:
Egaeus 1
Schauspieler
Egaeus 2
Bassbariton
Berenice
Sopran
Der Vamp
Mezzosopran
Edgar Allen Poe
Schauspieler
Das Hausmädchen
hoher Sopran im Chor
Die tote Mutter
Alt im Chor
Der Hausarzt
Bass im Chor
Ein Diener
Tenor im Chor
Instrumentierungsdetails:
Flöte (+Picc
Afl(G)
Bfl)
Klarinette in B (+KbKl(B))
Sopransaxophon in B (+Asax(Es)
Tsax(B)
Barsax(Es))
Horn in F (+TenTb
Wgtb)
1. Trompete in C (+klTrp in B)
2. Trompete in B (+FlgHr)
Posaune (+Thr(B))
Kontrabasstuba (+Kbpos)
1. Schlagzeug
2. Schlagzeug
Harmonium
Klavier
1. Violine
2. Violine
1. Viola
2. Viola
1. Violoncello
2. Violoncello
Kontrabass
Tonband
Staud - Berenice
Übersetzung, Abdrucke und mehr
Johannes Maria Staud
Staud: Berenice (Revision 2006)Ausgabeart: Studienpartitur
Sprache: Englisch (Großbritannien)
Hörbeispiel
Werkeinführung
Mein erstes abendfüllendes Werk basiert auf der 1835 veröffentlichten Arabeske Berenice von Edgar Allan Poe (1809 - 1849). Diese albtraumhafte Horrorgeschichte dreht sich um das ungleiche, inzestuös verbundene Ehepaar Egäus und Berenice, das verschiedener kaum sein könnte. Sie, wunderschön, durch Wiesen und Wälder streifend, doch unheilbar an Schwindsucht leidend - er, grüblerisch, in seinem Studierzimmer in die Betrachtung verschiedenster, auch banalster Dinge monomanisch sich vertiefend, stehen einander wie ein archetypisches Gegensatzpaar gegenüber, das viele Grundprobleme menschlichen Daseins und Zusammenlebens, sowie eine Unzahl von Urängsten überspitzt-pointiert thematisiert.
Plötzlich dann die unerwartete Wendung, abgelöst von blankem, allmählich sich ausbreitendem Entsetzen, teilweise grundiert von makaber durchschimmerndem schwarzen Humor – reinste Suspense, die ihren “thrill“ durch das bloß Angedeutete, nicht vollends Ausgesprochene gewinnt. Und dies bei gleichzeitiger formaler Verknappung, lakonischer, dennoch aber ornamentaler sprachlicher Präzision, die die Schattenseiten der menschlichen Psyche gespenstisch auszuleuchten vermag.
Warum nun also die Vorlage aufbrechen und sie in statische Tableaus verwandeln? Warum das Verständnis beim Rezipienten vom vorherigen genauen Studium des Programmbuches abhängig machen? Warum alle Handlungsstränge eliminieren, um somit die Vorlage ihrer ureigensten Qualitäten zu berauben?
Warum denn, im Gegenteil, nicht möglichst nah (von kleineren Exkursen und behutsamen, dramaturgisch bedingten Anreicherungen einmal abgesehen) am Originaltext bleiben? Poes Suspense durch unsere, vom (Horror)film geschulte Denkweise in die heutige Zeit zu übersetzen versuchen? Da das Libretto eindeutig der „Handlungsträger“ ist, kann die Musik sich ihrer eigenen Stärken besinnen: zu suggerieren, anzudeuten, zu illustrieren, irrezuleiten, zu verführen, zu manipulieren – kurz: eigengesetzlich zu agieren (auch wenn sie Impulse von „außen“ erhält). Das Resultat soll nun keine Oper sein, auch kein Schauspiel, sondern irgendetwas dazwischen in der Vielfalt der Schattierungen und Bedeutungsräume...
Johannes Maria Staud