Yella Hertzka (1873-1948)
Als Emil Hertzka 1932 starb, ging eine Ära zu Ende. Alban Berg erinnerte in seiner Trauerrede – gehalten übrigens im Brahms-Saal des Musikvereins – an die schwierigen Anfangsjahre und würdigte Hertzka als großen Visionär.
Emil Hertzkas Fortschrittsdenken beschränkte sich nicht nur auf die berufliche Ebene, sondern auch privat war er seiner Zeit weit voraus. So führten er und seine Frau Yella eine gleichberechtigte Ehe, Yella brachte sich durch die Verschränkung ihrer beruflichen und privaten Kontakte, die sie durch die Aktivitäten in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit gewonnen hatte, im Verlag ein und Emil Hertzka unterstützte Yellas Einsatz für Frauenrechte. In seinem Testament hatte Emil Yella als Universalerbin bestimmt und ihr damit wesentlichen Einfluss auf den Musikverlag gesichert. Als Großaktionärin hatte sie einen Sitz im Verwaltungsrat - und das in einer Zeit, in der Frauen nach der verfassungsrechtlichen Änderung des Gleichheitsgrundsatzes im Jahr 1934 aus den Bereichen Handel und Gewerbe gedrängt werden sollten.
Yella Hertzka verfügte über eingehende Kenntnisse des Musikverlagswesens und war mit vielen der UE-Komponist:innen die im Hause Hertzka ein- und ausgegangen waren, freundschaftlich verbunden. Korrespondenzen mit Arnold Schönberg oder Alban Berg zeigen, wie sehr diese sie schätzten. Zudem ergaben sich durch Yella Hertzkas rege Reisetätigkeit für die Frauenliga zahlreiche Synergieeffekte, von denen auch die Komponist:innen profitierten. So wurde etwa bei der Eröffnung des Kongresses der Internationalen Frauenliga in Wien 1921 ein Werk von Johanna Müller-Hermann aufgeführt, deren Streichquartett op. 6 bereits Jahre vorher in der UE verlegt worden war.
Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland kam es zu radikalen Veränderungen in der UE. Ein kommissarischer Verwalter wurde eingesetzt und die vorwiegend jüdischen Aktionäre mussten ihre Anteile billigst verkaufen. Yella Hertzka floh ins Exil nach London. Ebenso verließ Alfred A. Kalmus, einer der geschäftsführenden Direktoren der Universal Edition und Neffe Yella Hertzkas, in richtiger Einschätzung der politischen Ereignisse Wien und ließ sich Mitte der 1930er Jahre in London nieder, um dort eine Zweigstelle der Universal Edition zu gründen. So sollten einerseits neue Komponist:innen für den Verlag gewonnen und andererseits jene Werke forciert werden, deren Vertrieb durch die NS-Kulturpolitik zunehmend erschwert wurde.
In Wien brachten Alfred Schlee und seine Mitarbeiter Mitarbeiter:innen wertvolle Noten „entarteter“ Komponisten Komponist:innen in Sicherheit und hielten so die Linie des Verlags in begrenztem Umfang aufrecht. Sofort nach Kriegsende setzte die UE ihre Tradition als Verlag neuester Musik fort.
Im Zuge der Bemühungen um eine Entflechtung des österreichischen und deutschen Verlagswesens wurden Betriebe, die bis zum 13.3.1938 Österreicherinnen oder Österreichern gehört hatten, bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse unter öffentliche Verwaltung gestellt. Gemäß dem „Verwaltergesetz“ sollten bevorzugt die geschädigten Eigentümer:innen als öffentliche Verwalter:innen eingesetzt werden. Also ließ Yella Hertzka sich 1946 anstelle von Alfred Schlee zur öffentlichen Verwalterin der Universal Edition bestellen und ernannte diesen im Gegenzug zum Direktor der Universal Edition. In den folgenden drei Jahren, bis zu ihrem Tod, lag die Leitung des Musikverlags in beider Hände.
Yella Hertzkas Einsatz für die Universal Edition half, die durch den Krieg und die nationalsozialistische Verfolgung ehemaliger Eigentümer:innen abgebrochenen Beziehungen wieder aufzurichten. Gleichzeitig erleichterte ihr Wiedereintritt ins Unternehmen auch Alfred Schlee die Wiederaufnahme von Kontakten zu vertriebenen Komponist:innen und Mitarbeiter:innen. Weiters stellte sie als öffentliche Verwalterin die wesentlichen Weichen dafür, dass 1951, drei Jahre nach ihrem Tod, das Rückstellungsverfahren an die Eigentümer:innen der UE durchgeführt werden konnte.