Präsentation des neuen Wozzeck-Bandes
Die Ära Emil Hertzka
Emil Hertzka (1869-1932)
Über Emil Hertzkas Motive, das Profil des Verlags entscheidend zu verändern, gibt es keine Dokumente. In jedem Fall setzte die Universal-Edition fortan auf die Zeitgenossen. Das kam einer Revolution gleich. Eine musikalische Ausbildung hatte Hertzka nicht, dafür aber mit Josef Venantius von Wöss einen vorzüglichen musikalischen Berater. Hertzka ließ sich von einem ausgeprägten Spürsinn leiten und wurde damit zu einem der größten Förderer der Moderne, den die Musikgeschichte je gesehen hat. Rein statistisch betrachtet dokumentierte sich diese Einstellung schon in den ersten Jahren seiner Direktionstätigkeit: Im Juni 1909 wurde der Vertrag mit Gustav Mahler abgeschlossen, im Juli 1909 folgte jener mit Franz Schreker.
Der Briefwechsel mit Mahler zeigt, wie Hertzka professionelle Detailgenauigkeit und den Blick für das Wesentliche mit menschlicher Wärme zu verbinden verstand. So gewann er das Vertrauen von Mahler, der fortan alle seine Werke bei der UE verlegt haben wollte und jene, die noch bei anderen Verlagen waren, in die UE einzugliedern suchte.
Im Oktober 1909 nahm Hertzka Arnold Schönberg in den Verlag auf, im Juni 1910 folgten Alfredo Casella und fast gleichzeitig Alexander Zemlinsky. Die Tendenz ist unverkennbar, aber das Erstaunliche ist wohl, dass Hertzka innerhalb von nur zwei (!) Jahren den für die weitere Geschichte des Verlags bedeutungsvollen Schritt zur musikalischen Moderne vollzog. Hatte Hertzka geahnt, dass Schönberg mit magnetischer Wirkung für seine Schüler seine eigene, große Schule gründen würde, dass er „die Batterie, die Ladung“ werden würde, „an der Aufladung zum Gebot wird“ (Wolfgang Rihm)?
Neben Schönberg sollte noch eine weitere Person, die es verstand, Visionen umzusetzen und Gleichgesinnte um sich zu versammeln, prägend am Erfolg Emil Hertzkas beteiligt sein: seine Ehefrau Yella Hertzka. Yella hatte sich früh für Frauenreche eingesetzt und eine Gartenbauschule in Wien für junge Frauen gegründet. Im Park dieser Schule veranstaltete sie Gartenfeste und lud dazu auch Vertreter:innen der Wiener Musikszene, insbesondere der Universal Edition wie beispielsweise Gustav Mahler, Béla Bartòk, Darius Milhaud, Zoltan Kodály, Ernst Krenek oder Arnold Schönberg ein.
Hertzka musste sich als genuiner Geschäftsmann der Schwierigkeit bewusst gewesen sein, ein derartiges Programm auch im Hinblick auf die öffentliche Anerkennung realisieren zu können. Auch Franz Schreker, mit dem ein Generalvertrag über sein musikdramatisches Schaffen abgeschlossen worden war, hatte zu diesem Zeitpunkt als Operndramatiker noch keinen Erfolg gehabt. Hertzka muss den Erfolg buchstäblich vorausgesehen haben, und tatsächlich wurden die Opern Schrekers in den folgenden 15 Jahren zu den meistgespielten Bühnenwerken der Zeit und machten jenen von Richard Strauss ernsthafte Konkurrenz.